
Christkatholiken wollen im Wohnungsmarkt mitmischen und reissen dafür eine Kirche ab
Die Ausgangslage am Mittwochabend war klar: Die Christkatholiken der Region Olten hatten an ihrer Rechnungsgemeindeversammlung nur wichtige Traktanden zu behandeln. Wie weiter mit den Sakralbauten in Hägendorf, Starrkirch-Wil und Trimbach? Der Kirchgemeinderat hatte Nutzungsvorschläge unterbreitet, die im ersten Augenblick ungewohnt und zumindest für die Region neu sind: Verkauf der Grundstücks Hägendorf. Variante: Grundstück behalten, Kirche rückbauen und Grundstück anders nutzen; Verkauf der Kirche in Starrkirch-Wil samt Friedhof, Gemeindesaal und Landparzellen zwischen Kirchrain und Kreuzweg. Das Pfarrhaus bleibt im Besitz der Kirchgemeinde.
Marginale Opposition
Überraschend: Die gut 30 anwesenden Stimmberechtigten waren grossmehrheitlich auf der Linie des Kirchgemeinderates. Opposition war kaum auszumachen. Einzig Fritz Neuhaus stemmte sich eindringlich dagegen und votierte konsequent für Alternativen. Für Hägendorf sah er zwar ebenfalls eine Überbauung vor, allerdings unter Einbezug des sakralen Komplexes. Die Verkaufsabsichten hinsichtlich Starrkirch-Wil hielt er dagegen für grundsätzlich falsch und schlug vor, die zum Verkauf stehenden Gebäulichkeiten – «das Tafelsilber», wie Neuhaus sagte – wären allenfalls auch zu vermieten. Zudem stellte er die Argumente der Kirchgemeindepräsidenten Kurt Stutz infrage, wonach der Unterhalt der nicht mehr gebrauchten Liegenschaften teuer sei.
Es nützte nichts: Mit grosser Mehrheit (26 Ja-Stimmen) votierte die Versammlung im Grundsatzentscheid für den Nichtverkauf der Liegenschaft Hägendorf, aber für den Rückbau der Kirche und eine Neunutzung des Grundstücks für ein Mehrfamilienhaus mit 11 bis 15 Wohnungen. Damit wollen die Christkatholiken, auch aus Renditegründen, im Wohnungsmarkt mitmischen.
Verkauf kommt an die Urne
Beruhigt zur Kenntnis nahm die Versammlung die Mietverhältnisse für die Kirche in Trimbach; bis Ende November 2019 wird eine tamilische Glaubengemeinschaft die Örtlichkeit nutzen, ab 1. Dezember die «Lighthouse Church» für vorläufig zwei Jahre. Die Frage aus der Versammlung, ob dies eine Sekte sei, beantwortete Stutz mit der Bemerkung: «Es ist eine christliche Glaubensgemeinschaft.» Mietzins pro Monat: 1300 Franken.
Für die Finanzierung des Sanierungsprojekts Stadtkirche war seinerzeit eine Fundraisingaktion gestartet worden. Deren ambitioniertes Ziel: 3,5 Mio. Franken sollten die Sanierungskasse äufnen.
Zwar liegt der Abschlussbericht noch nicht vor, aber Baupräsident Peter Schibli liess die Versammlung wissen, die erhoffte Summe werde wohl nicht zusammenkommen. Derzeit gehe man von rund 3,1 Millionen aus. Nachdem die Sanierung aber rund 6,1 Mio. Franken kosten wird, 400 000 Franken weniger als veranschlagt, bleiben der christkatholischen Kirche rund drei Millionen aus eigenen Mitteln zu finanzieren. «Damit haben wir immer gerechnet», so Schibli.
«Nicht miserabel»
Die Jahresrechnung sowie die Berichte von Pfarrer Kai Fehringer und Präsident Stutz wurden ohne Einwände genehmigt beziehungsweise zur Kenntnis genommen. «Die finanzielle Lage ist nicht miserabel, aber auch nicht gut», zog Stutz Bilanz. Die laufende Rechnung schloss mit einem Aufwandüberschuss von 247’079 Franken. Budgetiert war ein Defizit von 54’910 Franken. Das Nettovermögen von 764’430 Franken verwandelte sich im Lauf des Jahres in eine Nettoschuld von rund 1,684 Mio. Franken. Dies vor dem Hintergrund schwindender Mitgliederzahlen und rückläufiger Steuererträge.
Für einen gewissen Schrecken sorgte die Bemerkung von Pfarrer Kai Fehringer, die Wohnsituation im Kirchgemeindehaus an der Kirchgasse habe sich verschlechtert. Er habe seit der Vermietung der ersten Etage keinen Zugang mehr auf den Balkon Richtung Süden, während die Kirchgasse immer lebendiger und lauter werde. «Deshalb überlegen wir sehr konkret, uns grundsätzlich zu verändern», so der Pfarrer. Stutz meinte dazu, das Problem sei durchaus erkannt. «Mir sind draa», so der Kirchenpräsident dann.