Crash-Kurs in Staatskunde

 

Ab und zu muss man nur die Schlagzeilen vergleichen, um sich klarzumachen, in welch glücklichem Land wir leben.

So zum Beispiel gestern: Kurz vor Beginn des G20-Gipfels kommt es in Hamburg zu heftigen Ausschreitungen. Die Polizei rückt Demonstranten mit Wasserwerfern zu Leibe, Steine fliegen, Dutzende Autos brennen. Derweil berichten Schweizer Zeitungen über die jährliche Schulreise des Bundesrats in den Kanton Aargau. Es ist die Stunde der Selfie-Jäger: Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann lächelt entspannt mit einer jungen Frau in deren Handy, Finanzminister Ueli Maurer strahlt Schulter an Schulter mit einem Fan in dessen Smartphone. Bundespräsidentin Doris Leuthard meint, der Bundesrat habe ein intensives erstes Halbjahr hinter sich – und deshalb seine Ferien redlich verdient. Niemand widerspricht. Auch in Zofingen macht die Landesregierung halt und mischt sich unter die Schülerinnen und Schüler. «Die sind ja völlig cool drauf, sind die immer so?», fragt ein Mädchen erstaunt. Es war vielleicht die wichtigste Lektion für die Zofinger Jungs und Mädels in diesem Jahr, eine Art Crash-Kurs in Staatskunde. Ja, Schweizer Bundesrätinnen und Bundesräte sind «cool» drauf. Fleissig, authentisch volksnah, keine Spur von Aufgeblasenheit oder überheblichem Elite-Dünkel. Sicherheitsleute begleiten Leuthard & Co. zwar auf Schritt, aber sie tun das fast so diskret wie in jener Zeit, in der Meldungen über Terroranschläge noch nicht die Schlagzeilen beherrschten. Der Zofinger Schü- ler lernt: Die Schweiz ist nicht das Land, in dem die Mächtigen das Volk mit Hundertschaften von Polizisten auf Distanz halten – in so einem Land zu leben ist ein grosses Glück.