
«Da bekomme ich Zustände»: Richter wird bei Urteilsverkündung gegen Vergewaltiger emotional
Das Amtsgericht Olten-Gösgen verurteilt einen 33-jährigen Deutschen zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren vier Monaten und drei Wochen sowie einem Landesverweis von 12 Jahren, weil dieser in den Jahren 2016 und 17 zahlreiche junge Frauen und minderjährige Mädchen unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht oder sogar vergewaltigt hatte.
Die Anklageschrift war lange und komplex. Mehrfache Vergewaltigung, wiederholt sexuelle Handlungen mit Kindern, Pornografie, Abgabe von Gesundheitsschädlichen Substanzen an Minderjährige und eine Reihe weitere, weniger gravierender Vorwürfe waren darin beschrieben. Die Staatsanwaltschaft hatte für alle Delikte zusammen eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren gefordert. Der Angeklagte hatte nur die sexuellen Handlungen mit Kindern in zwei Fällen zugestanden, in denen pornografische Aufnahmen als Beweis vorlagen. Sein Verteidiger hatte eine Freiheitsstrafe von lediglich einem Jahr beantragt, was angesichts der langen Sicherheitshaft die sofortige Freilassung seines Mandanten bedeutet hätte.
Opfer erpresst und zu Sex gezwungen
Während etwas mehr als zwei Stunden begründete Gerichtspräsident Pierino Orfei am Mittwoch die strenge Strafe. Bei der schwersten Vergewaltigung war die Beschreibung sehr detailliert: «Das Alter des erst 13-jährigen Opfers war bekannt. Als ihr Freund in der Wohnung des Beschuldigten vor den Augen der anderen Männer einen Blowjob verlangt hatte, wurde das verliebte Mädchen durch die Situation völlig überrumpelt. Das bedeutet, sie wurde unter psychischen Druck gesetzt, damit sie am Gruppensex teilnahm», sagte der Gerichtspräsident.
Danach habe sich der Beschuldigte der mehrfachen Vergewaltigung schuldig gemacht, indem er die Lage des Opfers perfid ausnützte und mit ihr zweimal den Geschlechtsverkehr vollzog. «Sie hat kommuniziert, dass sie das nicht will», hielt Orfei fest.
Zudem sei das Opfer mit einem Pornovideo erpresst worden, damit es keine Aussagen mache. «Es weinte in der Schule und es waren die Lehrerin und die Sozialarbeiterin, die den Fall mit Einverständnis der Mutter der Polizei meldeten. Was sich dieses Mädchen alles gefallen lassen musste, ist unglaublich. Da bekomme ich Zustände», wurde der Richter emotional.
Ein anderes Mädchen war aus einem Heim ausgebüchst und hielt sich zwei Wochen in der Wohnung des Angeklagten auf. Ein Test zeigte an, dass sie alle möglichen Drogen konsumiert hatte. Dieses Mädchen habe unter extremen Entzugserscheinungen und psychischen Problemen gelitten. «Die sexuellen Handlungen wollte das Opfer nicht, diese wurden nur unter Drogeneinfluss und psychischem Druck geduldet», erläuterte Orfei, weshalb es sich auch in diesem Fall um mehrfache Vergewaltigung handelt.
Viele weitere Tatbeschreibungen trugen alle zur Summe der Freiheitsstrafe bei. Perfid, rücksichtslos, heimtückisch und hinterhältig waren die Adjektive, mit denen der Amtsgerichtspräsident den Angeklagten beschrieb. Mehrmals bezeichnete er ihn als Lügner. Mitgefühl mit seinen Opfern habe er keines. «Sie sind unbelehrbar, genau so, wie es im psychiatrischen Gutachten steht.» Das Gericht sprach den Opfern, je nach Schwere des erlittenen Unrechts, Genugtuungen in der Höhe zwischen 5000 und 30’000 Franken zu und es hielt fest, dass der Beschuldigte auch für die finanziellen Folgen seiner Taten haftbar ist.