
Das blaue Loch von Abisko
Abisko – ein Ort mit knapp 150 Einwohnern – nördlich des Polarkreises und nahe der norwegischen Grenze ist der trockenste Ort Schwedens. Und genau dieser Fakt war es, der mich vor zehn Tagen dorthin zog. Denn wenig Regen bedeutet in Lappland günstige Bedingungen, um abends am Himmel die magischen Polarlichter zu sehen. Über meine Faszination für die Schönheiten Lapplands und die «Aurora borealis» habe ich an dieser Stelle bereits berichten dürfen. Da für mich im letzten Jahr pandemiebedingt keine Reise in den Norden möglich war, war die Vorfreude nun umso grösser. Eine Garantie, die Polarlichter zu sehen, hat man nie. Doch mein ganzes Vertrauen steckte in einem besonderen Phänomen: dem blauen Loch von Abisko.
Wenn die Niederschlagsfronten vom Atlantik über den norwegischen Streifen in Richtung Osten ziehen, stossen die Wolken auf eine Gebirgskette, die hoch über dem See namens Torneträsk thront. Im Stau dieser Berge regnen sich die Fronten aus. Aufgrund der Höhe der Berge werden die feuchten Luftmassen auf der Luvseite (windzugewandt) zum Aufsteigen gezwungen. Sie kühlen sich ab und es fällt «Steigungsregen». Somit bleibt im Osten – auf der Leeseite (windabgewandt) – oft nur noch wenig Bewölkung und Niederschlag übrig.
Wenn der Himmel über dem See klar ist, während sich rund herum die Wolken türmen, dann spricht man vom blauen Loch von Abisko. Dieses Phänomen führt wiederum dazu, dass man in Abisko während der Saison zwischen Ende August und Mitte April durchschnittlich in vier von sieben Nächten pro Woche Polarlichter bestaunen kann.
Das Glück ist und bleibt das Hauptkriterium, das darüber entscheidet, ob man die leuchtenden Stickstoff- und Sauerstoffatome tanzen sehen darf oder nicht. Und so durfte ich mich vor zehn Tagen ein weiteres Mal glücklich schätzen, als das eindrucksvolle Schauspiel am Himmel über dem Torneträsk begann. Ein magischer Moment. Die Pandemie hat so einiges auf der Welt verändert. Doch Aurora tanzt unbeirrt weiter. Und tatsächlich: Ich sah die schöne Lady durch den wohl einzigen klaren Fleck am Himmel weit und breit, während rund herum die Wolken aufzogen. Das blaue Loch von Abisko hat dem Nordlicht seinen Platz zuverlässig freigeschaufelt.
Wichtig: Man sollte nie eine Reise planen, mit dem einzigen Ziel, Polarlichter zu sehen. Das Risiko einer Enttäuschung ist zu gross. Und die Prognosen in Polarlicht-Apps für das Smartphone muss man mit Vorsicht geniessen. Ein Blick in den skandinavischen Nachthimmel im Hier und Jetzt ist noch immer am zuverlässigsten.
Weitere Tipps zum Bestaunen von Polarlichtern
Jenseits des Polarkreises reicht oft eine lediglich durchschnittliche Sonnenaktivität, um Polarlichter zu sehen. Eine Reise ans Ende der Welt ist nicht notwendig.
Seien Sie nicht enttäuscht, wenn die Lichter in Realität anders aussehen als auf den Fotos, wo die Aurora borealis lange belichtet wird. Auch von blossem Auge können die Polarlichter eindrücklich sein, nur halt eben anders.
Polarlichter kann man auch in der Südpolregion sehen. Am besten reisen Sie hierfür an die Südspitze Argentiniens oder nach Tasmanien. Oder Sie lieben Expeditionen und reisen ganz nach unten zu den Kaiserpinguinen.
Suchen Sie sich einen Beobachtungsstandort, welcher frei von Lichtverschmutzung ist. Ausserdem lassen sich die Polarlichter bei Leermond deutlich besser betrachten.
Japaner glauben, dass es Glück bringt, unter dem Nordlicht ein Kind zu zeugen. Seien Sie also nicht irritiert, wenn in Ihrem Hotel eine «besondere Stimmung» herrscht.