
Das Geheimnis aus dem Sandstein – hier reift Ihr Lieblingskäse



SOMMERSERIE
In unserer losen Sommerserie ermöglichen wir Ihnen Einblicke in Häuser und Gebäude, die nicht öffentlich zugänglich sind. Heute führt Bruno Roth durch den Felsenkeller in Mühlethal.
Bei dieser Hitze lechzen alle nach Abkühlung. Hinter der Türe am unscheinbaren Holzschopf gleich zu Beginn der Mohrenacherstrasse in Mühlethal ist diese Abkühlung zu finden: Hier geht es in den Felsenkeller. Ursprünglich diente der tief in den Sandstein gehauene Keller dazu, Eisblöcke zu lagern. Diese wurden im Winter geschnitten und in Jutesäcke verpackt im Felsenkeller eingelagert. Im Sommer nutzten sie die Zofinger Restaurants als Kühlelemente für die ersten Kühlschränke. Heute werden keine Eisblöcke mehr im Felsenkeller eingelagert – nicht nur, weil die Winter zu mild sind, um in Zofingen aus natürlich entstandenem Eis Blöcke zu schneiden. Stattdessen beherbergt der Keller im Hügel bis zu 1000 Laib Greyerzer, zahlreiche Emmentaler und viele weitere Käsespezialitäten. Eingelagert haben den Käse Hans und Bruno Roth. Ersterer als Betreiber des Felsenkellers und Engros-Händler, Letzterer als Inhaber des Zofinger Chäs-Lädelis. Während Hans Roth den Käse später an Fachgeschäfte weiterverkauft, bietet Sohn Bruno Roth die eine oder andere im Felsenkeller gereifte Spezialität im Chäs-Lädeli an.
Konstant 11 bis 13 Grad Celsius
Als Bruno Roth die zweite Türe in den Felsenkeller öffnet, dieses Mal eine metallene, wird es kühl. Richtig kühl. 11 bis 13 Grad Celsius beträgt die Temperatur im ersten Raum, unabhängig davon, ob draussen Sommerhitze oder Winterkälte herrscht. Im hinteren Teil des Kellers ist es sogar noch ein paar Grad kühler. So kühl, dass sich nach einiger Zeit ein leichtes Frösteln einstellt. Ein Luftentfeuchter sorgt dafür, dass die Luftfeuchte im Felsenkeller konstant ist: Sie beträgt um die 70 bis 75 Prozent im ersten Kellergewölbe, dem sogenannten Trockenlager. Dort werden unter anderem Emmentaler, verschiedene Alpkäse, Sbrinz und Parmesan gelagert. «Da unser Keller in den Sandstein gehauen ist, reguliert sich die Luftfeuchtigkeit sehr gut selbst und ist sehr konstant», erklärt Bruno Roth. Eine weitere Metalltüre führt in den zweiten, hinteren Keller. Dort ist die Luftfeuchtigkeit deutlich höher als im vorderen Keller: 90 bis 94 Prozent. Der Boden ist nass, an der einen Wand plätschert Wasser herunter: Trotz Trockenheit fliesst die Quelle. Das Wasser dringt durch die Lüftungsöffnung, fliesst der Wand entlang und wird dann über eine Rinne in ein Edelstahlbecken geleitet.
Reines Wasser und saurer Most
Entlang der beiden Wände sind im schlauchartigen Kellergewölbe unzählige Käselaibe aufgereiht. Mehrstöckig übereinander. Bis zu 1000 Laib Greyerzer hätten Platz, momentan sind rund 400 Plätze besetzt. Nach dem Sommer, auf den Herbst hin, wird das Lager wieder aufgefüllt. Ausserdem lagern im feuchteren der beiden Keller beispielsweise Appenzeller oder Chaux-d’Abel, ein Käse aus Rohmilch, im französischen Teil des Kantons Bern hergestellt. Regelmässig werden die eingelagerten Käse gewaschen. Nur mit Wasser. Der Greyerzer auch mit saurem Most. So können die Greyerzer im Feuchtlager von aussen nach innen reifen. Die Käseschmiere auf der Rinde des Käses zeigt an, wie er sich im Felsenkeller entwickelt hat. «Als wir noch Führungen durch den Felsenkeller angeboten haben, hat ein Banker gefragt, nach welchem Programm wir den Keller bewirtschaften», erzählt Bruno Roth und lacht. Nein, die Bewirtschaftung laufe über kein Programm, sagt er. «Wir verlassen uns auf Erfahrung und Bauchgefühl.» Dieses Gefühl sagt ihm auch, wann er den Käse aus dem Felsenkeller holt, um ihn dann im Chäs-Lädeli der Kundschaft anzubieten. «Je älter, umso besser»: Diese Aussage würde er nicht einfach so unterschreiben. Beim Greyerzer beispielsweise verkauft Bruno Roth meist Käse, der noch keine zwei Jahre alt ist – mit einer Ausnahme: Im September und Oktober kauft er seinem Vater einen zweijährigen Greyerzer ab, der im Mühlethaler Felsenkeller gereift ist. Den bietet er dann nach dem Motto «Es hät, solangs hät» als Spezialität im Chäs-Lädeli an.