
Das schrieb Thomas N. im Brief an die Angehörigen – warum ihn einige nicht gelesen haben
Thomas N. hat den Angehörigen der Familie Schauer aus dem Gefängnis einen Brief geschrieben. Das wurde am ersten Prozesstag zum Vierfachmord Rupperswil bekannt.
Nun präsentiert der Regionalsender Tele M1 erste Auszüge aus dem Brief, der handgeschrieben und eine Seite lang ist und bei dem eine Anrede fehlt. Abgefasst hat ihn der mutmassliche Täter nach 1,5 Jahren im Gefängnis.
Thomas N. schreibt darin:
«Ich wusste lange Zeit nicht, ob ich diesen Brief schreiben soll und wenn ja, was ich hinschreiben soll. Ich habe mir einfach überlegt, ob ich in Ihrer Situation etwas von dem Menschen lesen möchte, der mein Leben zerstört hat.»
Eine zweite Passage:
«Mir ist bewusst, dass meine Worte Ihren Schmerz und Ihre Wut nicht lindern können. Trotzdem möchte ich Ihnen sagen wie Leid es mir tut diese Tat begangen zu haben. Ich schäme mich dafür, dass Ihre Liebsten ihr Leben verloren, nur weil ich mein Leben nicht in den Griff bekam und zu oft die falsche Entscheidung traf.»
Thomas N. schreibt weiter, dass er allein für die Tat verantwortlich sei und ein liebevolles Elternhaus hatte. Gründe für die Bluttat nennt er nicht. Einen Brief mit demselben Wortlaut hat er auch anderen Angehörigen geschrieben.
Erhalten hat den Brief Markus Leimbacher, der Opferanwalt der Familie Schauer, die mit Carla Schauer (†48) sowie ihren Söhnen Davin (†13) und Dion (†19) drei Menschen verloren hat.
Die Eltern von Carla Schauer haben den Brief allerdings nicht lesen wollen, erzählt Leimbacher. „Ich glaube, sie wollen mit dem Täter gar nichts zu tun haben. Sie wollen nichts mehr mit ihm beschäftigen, so gut das überhaupt geht.“
Der Lebenspartner von Carla Schauer hat den Brief dagegen gelesen. Berührt haben ihn die Zeilen allerdings nicht. „Den Brief hat Herr N. zwar schon selbst geschrieben, aber auf Anraten seiner Anwältin“, sagt Leimbacher dazu. „Um gut Wetter zu machen. Damit im Gericht gesagt werden kann: Der Täter hat sich ja entschuldigt.“ Die fehlende Entschuldigung hat Leimbacher auch am Prozess am Mittwochmorgen erwähnt.
Der Brief könnte als eine Art taktisches Manöver gesehen werden, sagt der forensische Psychiater Thomas Knecht. „Im Zeichen der positiven Selbstdarstellung“, so Knecht.
Am Prozess sagte Opferanwalt Carlo Borradori, der die Stiefschwestern der getöteten Kinder vertritt, dass auch sie den Brief nicht gelesen haben. «Sie mussten sich anstrengen, den enormen Schmerz, den Sie ihnen zugefügt haben, zu überleben», sagte er an Thomas N. gerichtet. (pz)