
Das wünscht sich Hanna Kunz von den jungen Brittnauern
Frau Kunz, Sie sind jetzt fast drei Jahre im Amt. Was war für Sie die beste Erfahrung in diesen drei Jahren?
Der vertiefte Einblick in die verschiedenen Ressorts, Themen und Geschäfte, mit allen ihren Hintergründen und Zusammenhängen. Da staunt man manchmal schon.
Staunen worüber? Die Komplexität?
Ja, als Bürgerin und Bürger bekommt man ja nur einen Bruchteil mit.
Was waren die schwierigen Erfahrungen?
Ein privatwirtschaftliches Unternehmen und eine öffentliche Verwaltung unterscheiden sich in der Führung enorm. In der Privatwirtschaft hatte ich mich daran gewöhnt, nach der Bewilligung des Budgets sofort entsprechend mit der Planung und Umsetzung zu beginnen. In einer öffentlichen Verwaltung dauert die Umsetzung der Geschäfte viel, viel länger. Politische Abläufe unterscheiden sich markant von unternehmerischen Prozessen. Das war eine sehr grosse Umstellung für mich.
Sie wurden nach einer recht unruhigen Zeit Frau Gemeindeammann; wie hat sich die Stimmung im Gemeinderat entwickelt?
Sie hat sich gut entwickelt. Zu Beginn der Amtsperiode war es eine recht schwierige Aufgabe. Sämtliche Gemeinderätinnen und Gemeinderäte haben ihr Amt neu angetreten. Dass da ein Zusammenfinden und Kennenlernen Zeit braucht, versteht sich von selbst. Das war nicht einfach. Ich lege grossen Wert darauf, dass die Gemeinderatsmitglieder ihre Meinungen in die jeweiligen Sachgeschäfte einbringen und vertreten. Auch das Kollegialprinzip war für alle neu; das mussten wir alle lernen. Das ist nicht zu unterschätzen.
Und wie hat sich die Stimmung in der Gemeinde entwickelt?
Sie hat sich nach meinem Empfinden beruhigt und normalisiert. Ich habe sehr viel positives Feedback von Einwohnerinnen und Einwohnern und vom Gewerbe erhalten. Diese aufmunternden Meldungen haben mich in meinem eingeschlagenen Weg bestätigt. Geholfen hat mir sicher, dass schon mein Vater in Brittnau im Gemeinderat sass.
Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen, die in den nächsten Jahren auf die Gemeinde zukommen?
Grosse Herausforderungen stehen in den nächsten Jahren beim Bauamt und beim Forst an. Einerseits in personeller Hinsicht, es stehen Pensionierungen an. Andererseits geht es um einen Neubau. Schon vor meiner Zeit wurde aufgegleist, das Bauamt und den Forst in einem technischen Betrieb zusammenzuführen. Abgesegnet ist noch nichts. Im Moment sondiert eine Arbeitsgruppe Lösungen für ein gemeindeeigenes Gebäude, damit ein effizientes und kostengünstigeres Zusammenarbeiten möglich wird. Ein Planungskredit ist budgetiert. Wir haben allerdings fast kein Land mehr, die Möglichkeiten sind also eingeschränkt.
Das Gemeindehaus ist in die Jahre gekommen. Was läuft hier?
Das ist das nächste Thema. Für das Gemeindehaus, das im Jahre 1968 erbaut wurde, kommt in den nächsten Jahren ein Sanierungsprojekt auf uns zu.
Was sind die Optionen?
Da ist vieles möglich. Eine umfassende Sanierung. Oder abreissen und neu bauen – beispielsweise mit Wohnungen. Andererseits wird das Oberstufen-Schulhaus in ein paar Jahren leer, wenn die älteren Schülerinnen und Schüler ab dem Schuljahr 2023/24 nach Zofingen zur Schule gehen – dieses Geschäft kommt ja an die Gemeindeversammlung. Aufgrund des Lehrplans 21 braucht es allerdings mehr Räume für die unteren Klassen. Die Gemeindeverwaltung befand sich übrigens schon einmal im Oberstufen-Schulhaus: nämlich während dem Bau des Gemeindehauses.
Viel zu reden gaben die höheren Kosten für die Grüngutabfuhren. Spüren Sie da immer noch Widerstand?
Der Widerstand in der Bevölkerung hat primär damit zu tun, dass wir das Verursacherprinzip einführen wollten, das auch vom Bund grundsätzlich gefordert wird. Wir sind weitherum eine der wenigen Gemeinden, die keine Gebühr für die Grüngutabfuhr kennt. Wir wollten eine separate Gebühr für das Grüngut einführen und die Grundgebühr entsprechend reduzieren. Heute ist es so, dass Leute, die kein Grüngut haben, mitzahlen.
Aber Ihr Vorschlag kam nicht gut an.
Ja, die Brittnauerinnen und Brittnauer wehrten sich. Wir haben darauf entschieden, einen «runden Tisch» zu veranstalten, bei dem sich interessierte Bürgerinnen und Bürger einbringen können. Aufgrund der Corona-Situation hat der Gemeinderat beschlossen, diese Veranstaltung auf Frühjahr 2021 zu verschieben. Es ist geplant, anschliessend mit einer Arbeitsgruppe Vorschläge auszuarbeiten. Der Gemeinderat möchte an der Gemeindeversammlung im Herbst 2021 einen neuen Vorschlag präsentieren.
Das Mittagstischangebot musste mehrfach angepasst werden, weil die Nachfrage zu gering war. Lohnt es sich überhaupt, ein solches Angebot aufrechtzuerhalten?
Uns war bewusst, dass ein solches Pilotprojekt eine gewisse Anlaufzeit benötigt. Bei der Neulancierung hat der Gemeinderat die Vorgaben der Abstimmung 2017 übernommen. Bei der Umsetzung hat sich gezeigt, dass sich nicht alle Vorgaben in der Realität so umsetzen lassen und wir einige Anpassungen vornehmen mussten. Das jetzige Angebot findet aber immer besseren Anklang. Zurzeit nutzen zwischen acht und 15 Schülerinnen und Schüler das Angebot regelmässig. Auch das Betreuungsangebot wird immer intensiver genutzt; zurzeit finden alle Betreuungsmodule statt.
Die Post ist seit rund einem halben Jahr im Coop integriert. Vermisst man in der Gemeinde das alte Postangebot?
Ja, man vermisst es. Vor allem jene, die nicht mehr so mobil sind, oder jene, die nicht sehr intensiv online unterwegs sind. Ich habe von einigen gehört, die Geld auf der Bank abgehoben haben und dann gegenüber bei der Post ihre Einzahlungen erledigt haben. Das ehemalige Angebot der Post kann von einem Lebensmittelverteiler nicht im gleichen Umfang aufrechterhalten werden, der Service ist nicht der gleiche.
Brittnau war eine der Gemeinden, die Einsprache gegen das Lidl-Verteilzentrum in Roggwil eingereicht haben. Was stört Sie aus Brittnauer Sicht daran besonders?
Wir befürchten zusätzliche Lärmimmissionen und eine höhere LKW-Frequenz auf der Pfaffnauerstrasse, die vor allem das Gebiet Grod stark belasten würde. Gemäss der aktuellen Planung von Lidl würde die zusätzliche LKW-Belastung auf dieser Strasse um über 100 Fahrzeuge pro Werktag zunehmen. Einige Häuser an der Strasse wären davon massiv betroffen.
Was wünschen Sie sich für Brittnau in den nächsten Jahren?
Mir ist es ein grosses Anliegen, dass sich die Gemeinde dank einem gesunden Wachstum so entwickelt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger wohl fühlen. Bald können wir den 4000. Einwohner begrüssen. Und: Dass in Brittnau und in der Region genügend attraktive Arbeitsplätze angeboten werden können und das Wohnen in unserer Gemeinde mit unserem grossen Naherholungsgebiet lebenswert bleibt.
Und welchen Wunsch haben Sie an die Bevölkerung?
Es würde mich sehr freuen, wenn sich auch jüngere Bürgerinnen und Bürger vermehrt in der Gemeinde engagieren würden – beispielsweise in Kommissionen. Es gibt nämlich viel zu tun, damit wir unseren hohen Lebensstandard halten können. Dazu benötigen wir die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger.
Sie bieten jeden Monat eine Sprechstunde an, Bürgerinnen und Bürger können unangemeldet vorbeikommen. Wird das Angebot genutzt?
Ja, es wird rege genutzt, und ich wünsche mir, dass das so bleibt. Ich freue mich auf viele konstruktive Vorschläge und Gespräche. Dieser Austausch ist mir sehr wichtig; so kann ich vieles frühzeitig auffangen.