
Dem Lockdown vorgegriffen
Es ist Montag, kurz vor 14 Uhr. In der spärlich möblierten Pizzeria Fratelli in Rothrist herrscht Flaute. Nur vereinzelt sitzen Gäste auf den wenigen Stühlen. Als einer von ihnen aufsteht und geht, desinfiziert eine Serviceangestellte sogleich den Tisch. «Wir machen das seit dem 25. Februar so», erzählt der Betriebsleiter Roger von Arx. Zusätzlich stehen bei den Eingängen Desinfektionsmittelspender.
Die spärliche Möblierung ist dem Dekret des Bundesrates vom Freitag geschuldet. «Wir haben aktuell noch rund 45 Stühle im Lokal. So verhindern wir, dass wir über 50 Personen im Restaurant sind», erklärt von Arx. Doch nun ist Schluss. Um Punkt 14 Uhr schliesst er sein Restaurant. Auch das Restaurant zum Scharfen Ecken und das Dancing RYVA sind geschlossen, Letzteres bereits seit Mittwoch. Freiwillig, noch bevor der Bundesrat seine neue Weisung herausgibt und der Lockdown Realität ist.
Zu spät für von Arx, der dem Verlauf des Virus seit Mitte Januar folgt. «Wuhan wurde mit 1000 Infizierten abgeriegelt. In Europa haben wir mehr als 90 000 – und erst jetzt kommen die greifenden Massnahmen.» Das erste Mal dachte er am Samstag darüber nach, die Restaurants zu schliessen. Als auf den Sonntag 800 neue Erkrankte dazukamen, stand der Entschluss für ihn fest.
Versicherung krebste plötzlich zurück
Seine Versicherung kontaktierte von Arx das erste Mal Mitte Februar. Damals wurde ihm telefonisch versichert, dass eine Schliessung des Restaurants gedeckt sei. Eine Woche später krebste die Versicherung wieder zurück. «Mir wurde gesagt, dass eine Pandemie und Ähnliches nun doch ausgenommen seien.» Seit dem 6. März ist sein Gesuch für Kurzarbeit bewilligt. Die Angestellten wissen nun, dass ihre Löhne so mindestens drei Monate lang gesichert sind.
Die Welt wird nach dem Virus eine andere sein
Für Roger von Arx ist die Schliessung die einzige Massnahme, die etwas bringt. «Letzte Woche hatten wir Gäste, die beim Verabschieden sagten, sie seien erst seit einer Woche wieder aus Italien zurück.» Das Gebot der Selbstisolation werde ignoriert – nur mit einer Schliessung könne er seine Gäste und Mitarbeiter schützen. Diese dürfen im Lockdown weiterhin in ihren Personalzimmern wohnen bleiben. Auch das Restaurant stehe zu ihrer Verfügung, etwa um zu kochen. So können verderbliche Nahrungsmittel aufgebraucht und Foodwaste verhindert werden.
Roger von Arx will nun evaluieren, was möglich ist. «Vielleicht öffnen wir wieder und bieten Take-away an. Nun ist aber der falsche Zeitpunkt, um über Gewinneinbussen zu sprechen.» Es hänge alles davon ab, wie lange das Virus da sei, und wie schnell wieder Normalität einkehre. «Wieso sollen Menschen, die jetzt nur noch online bestellen, wieder in die Läden gehen? Wieso soll wieder auf Homeoffice verzichtet werden, wenn es doch geklappt hat?»