
Dem Rhein entlang nach Rotterdam – und zwar zu Fuss!
Gestartet hat er das Mammutprojekt im Herbst 2016. Und nun gut die Hälfte geschafft. Noch aber hat er ein paar Hundert Kilometer Strecke vor sich – zu Fuss, versteht sich. Dennoch will der Büroner Volker Scholze sein ambitioniertes Wanderprojekt bald abgeschlossen haben. Und sich dann vielleicht im Hafen von Rotterdam ein Bierchen gönnen.
Volker Scholze, gebürtiger Deutscher aus dem Taunus, wohnt und arbeitet seit knapp vier Jahrzehnten in Büron. Die Ferien verbrachte der Bauingenieur meist im Mittelmeer auf seinem mittlerweile verkauften Segelschiff. Seine deutsche Heimat hingegen kennt der heute 67-Jährige kaum. Im Übergang zur Pensionierung wollte Scholze das ändern. Das Ziel: eine Fernwanderung dem Wasser der Sure entlang. Von der Mündung aus dem Sempachersee in Oberkirch bis zur Mündung in die Nordsee in Rotterdam. Streng dem Flusswasser folgt Scholze indes nicht. Das Betrachten schöner Landschaften und eindrücklicher Kulturdenkmäler ist ihm weit wichtiger als die sportliche Leistung. «Wenn man auf eine solche Wanderung geht, muss man sich für die Geschichte der jeweiligen Gebiete interessieren. Ohne Geschichtskenntnisse bleiben Ruinen nur Steinhaufen, alte Städte nur Touristenorte, und überhaupt bleiben jegliche Zusammenhänge verschlossen. Land und Leute wurden schliesslich durch deren Geschichte geprägt», erklärt er. Zu Hause fasst er das Erlebte dann in Worte, verfasst eine Art Tagebuch mit Fotoerinnerungen.
Es ist Scholzes erstes derartiges Wanderprojekt. So hat er denn auch – obwohl schon länger ein begeisterter Wanderer – zu Beginn ein wenig Lehrgeld bezahlt. Er habe zuerst die falschen Schuhe getragen und Druckstellen verspürt. «Aber es ist sowieso eine Trainingssache. Mit dem Lauf der Zeit und der Übung bildet sich die Muskulatur, man entwickelt das richtige Schrittmass und plant die Etappen optimal.» Er sei jetzt «eindeutig» der bessere Wanderer als vor zwei Jahren. Zwei bis vier Tage à rund 25 Kilometer pro Tag dauern die einzelnen Tourabschnitte; die Hotels reserviert er meist vor. Danach kehrt er heim nach Büron, ehe er beim nächsten Mal die folgende Etappe vom letzten Zielort aus in Angriff nimmt. Jetzt, da dieser Bericht erscheint, ist Volker Scholze wohl irgendwo zwischen Mainz und Koblenz unterwegs. Bisher hat er rund 500 Kilometer per pedes zurückgelegt, deren 400 sollen ungefähr noch folgen. Er freue sich jeweils extrem darauf, wieder loszuziehen. «Aber manchmal bin ich nach drei, vier Wandertagen auch froh, dass es fertig ist», so Scholze. «Ich könnte mir nicht vorstellen, diese Wanderung am Stück während mehrerer Wochen zu machen.» Anfänglich hat die Idee bestanden, diese Fernwanderung oder zumindest grosse Teile davon mit einem guten Freund zu absolvieren. Aber das funktioniere nicht. Man müsse zu viele Kompromisse eingehen. Er sei auch nicht jemand, der stundenlang über etwas Banales reden könne. «Es ist schön, wenn man mal schweigen kann», sagt er und schmunzelt. «Und wenn ich reden will, kann ich ja Leute ansprechen. Am Abend gibt es per Telefon auch mal einen Zwischenbericht an meine Frau.»
Abstecher ins Elsass
Wie eingangs erwähnt, folgt Volker Scholze dem Flusslauf nicht konsequent. Er «mäandriere» dem Rhein entlang, meint er lächelnd. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Strecken unmittelbar am Rhein grossmehrheitlich nicht sehr attraktiv sind.» Statt stundenlang auf einem eintönigen Damm zu wandern, unternahm er Abstecher ins Elsass und in die Pfalz. Und die Niederlande plant er nicht via Köln und Ruhrgebiet, sondern via Aachen und Maastricht zu erreichen. Bereits Ende Jahr will er an seinem Ziel Rotterdam ankommen. Es ist eine ambitionierte Zielsetzung. Scholze weiss das. «Ob ich das so schnell schaffe, weiss ich nicht.» Zumal natürlich auch das Wetter mitspielen muss. Der 67-Jährige begibt sich bloss auf Reisen, wenn der Wetterbericht angenehme Wanderbedingungen verheisst. Diese Woche sind diese gegeben. So blickt Volker Scholze, während Sie diese Zeilen lesen, vielleicht gerade zum Loreleyfelsen hoch oder einem Frachtschiff auf dem Rhein hinterher – und ist mit sich und der Welt zufrieden.