Der andere Blick aufs Meer: Freiwillige aus der Region unterstützen Forschungsprojekt

Meeresschutzbiologin und Expeditionsleiterin Silvia Frey horcht konzentriert am Hydrophon. Bild: Tania LIenhard
Meeresschutzbiologin und Expeditionsleiterin Silvia Frey horcht konzentriert am Hydrophon. Bild: Tania LIenhard
Sie sind zwei von sieben freiwilligen Helfern: Jo Linda Peter und Julia Hengste bei ihrer Beobachtungsschicht. Bild: Tania Lienhard
Sie sind zwei von sieben freiwilligen Helfern: Jo Linda Peter und Julia Hengste bei ihrer Beobachtungsschicht. Bild: Tania Lienhard

Die Meeresoberfläche ist glatter als in den letzten Tagen. Die Sicht für die Crew der Forschungsexpedition von KYMA sea conservation & research ist heute ziemlich gut. Konzentriert spähen Jo Linda Peter und Julia Hengste während ihrer Beobachtungsschicht vom Bug aus aufs Wasser. Plötzlich ruft Expeditionsleiterin Silvia Frey: «Ich höre Delfinpfiffe!» Die Reitnauerin trägt Kopfhörer des Unterwassermikrofons (Hydrophon), das hinter der Segelyacht hergezogen wird. Schon bestätigen die zwei in Beobachtungsposition: «Delfine auf 2 Uhr!»

Kaum gesagt, schwimmen die verspielten Tiere bereits in der Bugwelle der Yacht. Unter ihnen ist sogar eine Mutter mit ihrem Baby. Spektakulär zeigen die Streifendelfine ihre Sprungfähigkeiten und erfreuen das ganze Schiff. Die neun Crew-Mitglieder sind wegen solcher Momente überhaupt erst hier, auf dem Ionischen Meer. Neben dem Skipper und der Forschungsleiterin gehören sieben freiwillige Helferinnen und Helfer zur Crew.

Eine Grundlage für Schutzgebiete schaffen

«Das war eine schöne Sichtung!», sagt Meeresschutzbiologin Dr. Silvia Frey und blickt den in den Weiten des Meeres verschwindenden Tieren nach. Seit fünf Jahren leitet sie das Forschungsprojekt vor Siracusa im Südosten Siziliens. Eifrig notieren Jo Linda Peter und Julia Hengste in der Tabelle die Details zu den Delfinen: Wie viele waren es? Welcher Art gehörten sie an? In Kombination mit dem genauen Standort der Begegnung sowie der Fischerboote und Freizeitschiffe in der Nähe und der vorherrschenden Windrichtung erstellt Frey aus den Notizen der «Citizen Science»-­Crew Tabellen über die Verbreitung der Meeressäuger, der Meeresschildkröten und der grösseren Fische. «Mein Ziel ist es, hier zehn Jahre Daten zu sammeln und so die Grundlage für Schutzgebiete zu schaffen», erklärt sie.

Ihr zur Seite stehen jede Woche neue «Citizen Science»-Teilnehmende, die in Zweierteams im so genannten Linientransekt beobachten und notieren. Das Wichtigste bei dieser Forschungsmethode ist, dass die Yacht eine gewisse Zeit dieselbe Richtung und dasselbe Tempo, im Idealfall 5 bis 6 Knoten, beibehält – auch wenn 100 Meter steuerbordseitig ein Wal auftauchen sollte. «Wir überlassen den Tieren, wie eine Begegnung abläuft und wollen sie nicht stören», sagt Frey. Die zwei Personen im Bug teilen sich die Backbord- und die Steuerbord-Seite bis 90 Grad in Fahrtrichtung zur Überwachung auf. Ausgerüstet mit einem Fernglas wechseln die Teams jede Stunde. Eine anstrengende, aber schöne Arbeit.

«Ich liebe es, auf dem Meer zu sein und dabei eine sinnvolle Aufgabe machen zu dürfen», sagt Jo Linda Peter. Die Hobbyseglerin aus Zürich möchte ihren Teil dazu beitragen, Meerestiere zu schützen. Auch Julia Hengste aus Dortmund ist aus diesem Grund an Bord, genau wie Bart Brands, der 73-jährige, gebürtige Niederländer. Er geht seit Jahren immer wieder auf KYMA-Expedition.

Plastikverschmutzung ist allgegenwärtig

Wer gerade nicht am Beobachten ist, beschäftigt sich mit Plastikverschmutzung. Anzahl, Art und Beschaffenheit von Makroplastikteilen, die fünf Meter ab Schiffsrumpf steuerbordseitig vorbeischwimmen, werden dokumentiert. Von einem Fussball über Styropor bis hin zu Plastikblachen ist alles dabei – erschreckend. Zusätzlich wird Mikroplastik, das nicht von blossem Auge gesehen werden kann, vom Manta-Trawl, einem speziellen Netz, eingesammelt. KYMA hat wegen der Plastik-Belastung der Meere eine Petition lanciert.

Es sind spannende Aufgaben für die Forschungsteilnehmenden. Das findet auch Fränzi Senn aus Zofingen. Sie liebt das Meer und ist beeindruckt von Silvia Freys gutem Auge: «Lange bevor wir etwas wahrnehmen, sieht sie schon Delfinflossen.» Wen alle Anwesenden ziemlich spät erspähen, weil er direkt hinter der Yacht schwimmt: den Kurzflossen-Makohai. Allerdings verschwindet er so schnell, wie er gekommen ist. Es ist eines der vielen Bilder, die noch ewig in den Köpfen bleiben werden – auch während der langen Zugreise zurück nach Zofingen.

Die Petition von KYMA ist zu finden unter: https://mikroplastik-stoppen.ch

Fränzi Senn aus Zofingen beim Beobachten. Bild: Tania Lienhard
Fränzi Senn aus Zofingen beim Beobachten. Bild: Tania Lienhard
Ein Highlight: Ein Streifendelfin mit Jungtier. Bild: Silvia Frey
Ein Highlight: Ein Streifendelfin mit Jungtier. Bild: Silvia Frey