Der Fall Pierin Vincenz, Tag 53

Mit jedem Tag, der ins Land zieht, wird der Fall Pierin Vincenz spannender. Heute sitzt er den 53. Tag in Untersuchungshaft. Ungetreue Geschäftsbesorgung lautet der Vorwurf.

53 Tage im Gefängnis sind eine lange Zeit; der erste Haftantrag lautete auf 90 Tage. Gut möglich, dass dem ehemaligen Vorsitzende weitere 37 Tage Haft bevorstehen.

Das Geschütz, mit dem die Justiz auffährt, ist grob. Auch diejenigen, die lange zu Vincenz hielten, gehen nicht mehr davon aus, dass die Vorwürfe in sich zusammenfallen. Gleichzeitig beharren Raiffeisen-Chefs wie der Aargauer Verbandspräsident Thomas Lehner darauf, dass die Unschuldsvermutung nicht einfach ein Alibi-Nebensätzchen im medialen Getöse sein darf. Lehner hat Recht, wenn er sagt, dass die Basis für eine sachliche Beurteilung schmal ist – das Interview mit ihm lesen Sie hier.

Man kann dem Fall, bei aller Bitterkeit, auch eine positive Seite abgewinnen: Die Genossenschafterinnen und Genossenschafter können offenbar sehr genau unterscheiden, dass die Causa Vincenz wenig bis nichts mit ihrer Bank vor Ort zu tun hat; die Raiffeisen-Idee hat keinen systemischen Schaden erlitten. Die interne Aufarbeitung hat der unbelastete Pascal Gantenbein entschlossen aufgegleist, eine ausserordentliche DV mit einer Neuwahl des gesamten Verwaltungsrats ist geplant.

Man wird nun sehen, mit welchen Ergebnissen die Zürcher Staatsanwaltschaft aufwartet; der Aufstieg von Raiffeisen zur drittgrössten Bankengruppe ist aufs Engste mit dem Namen des jovialen Charismatikers Vincenz verknüpft. Vincenz’ Leistung war einzigartig; und einzigartig in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte ist nun auch die Fallhöhe.

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