Der Herr der Egolzwiler Wetterstation

Wenn es regnet, steht Alfons Lehni unter dem Vordach und raucht. Faszinierend sei es, das Wetter. «Es hat mich schon immer interessiert, wie der Wind entsteht und wie man seine Geschwindigkeit misst», sagt er. Der 71-Jährige hat vor zehn Jahren den Hof seinem Sohn übergeben. Was bleibt, sind Erinnerungen an die erfolgreichen Jahre als Landwirt, als er Gourmetrestaurants mit Gemüse aus Egolzwil beliefern konnte, als das Wetter noch Einfluss auf seine Ernte, sein Leben hatte.

Die Wolken hängen nun nicht mehr wie ein Damoklesschwert über ihm. Alfons Lehni sitzt gelassen im Schatten der Nachmittagssonne vor dem Wohnhaus, trinkt mit Wasser verdünntes Sinalco und raucht rote Marocaine. Das Wetter interessiert ihn nach wie vor, schliesslich ist er Herr über eine der vielen Wetterstationen von Meteo Schweiz. Chronologisch erzählt Alfons Lehni, wie es dazu kam; vom Anruf von Meteo Schweiz, vom Besuch und vom Vertrag, den er mit dem Bund ausgehandelt hat. 1997 errichtete dieser schliesslich eine Wetterstation 100 Meter südlich von Lehnis Bauernbetrieb am Bodenacher 1. «Das war nicht umstritten», sagt Alfons Lehni. Obwohl das Raumplanungsamt die Wetterstation lieber näher im Dorf gesehen hätte.

Windspitzen von 131 km/h

Die Silbernadel, wie Alfons Lehni die zehn Meter hohe Windmessanlage nennt, steckt nun mitten im Tal. Meteo Schweiz wählt die Messstationen so aus, dass das Messnetz die komplexe Topografie der Schweiz mit ihren unterschiedlichen Klimaregionen gut erfasst. 2006 ist die Wetterstation weiter aufgerüstet worden und verfügt nun über die Messinstrumente: Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Niederschlag, Sonneneinstrahlung, Wind und Radioaktivität. Die Wetterdaten sendet die Station automatisch in die Zentrale von Meteo Schweiz in Zürich. Und wenn mal keine Daten kommen, «dann ruft Zürich innerhalb von wenigen Minuten an», sagt Alfons Lehni. Komplikationen habe es aber nur zu Beginn gegeben, sagt er, und das selbst bei Wetterextremen wie einer Windspitze von 131 Stundenkilometer.

Dennoch hat Alfons Lehni den Auftrag, routinemässig die mechanischen Komponenten, die Kabel, die Filter und die Sensoren zu überprüfen. So lauscht er wöchentlich, ob «die Sensoren nicht komisch surren». «Wenn es geht, flicke ich», sagt Alfons Lehni. Falls die sensiblen Geräte aber nicht mehr funktionieren, muss eine Technikerin oder ein Techniker kommen. Zudem mäht Alfons Lehni alle drei Wochen die Wiese, auf der die Messstation steht, da zu hohes Gras Messresultate beeinflussen könnte.

Schadensexperte für Hagel

Da sich die Messstation aber nur rund hundert Meter von seinem Zuhause befindet, geht er zuweilen auch spontan vorbei und spricht mit Spaziergängern über das Wetter und die Wetterstation. Für die Spaziergänger liess er sogar eine Informationstafel anfertigen. Auch nach Hagel schaut er nach «seiner» Silbernadel. Das Unwetter vor über zehn Tagen habe Egolzwil jedoch nicht getroffen. «Im Grossraum Zofingen sah es aber nicht gut aus», sagt Lehni, der auch Schadensexperte für die Zürcher Versicherungsagentur Schweizer Hagel ist. Die letzten Tage war er viel unterwegs und untersuchte landwirtschaftliche Kulturen. «De Hagelhans hed weder kei Ziit», sagten seine Jass-Kollegen jeweils scherzhaft.

Alfons Lehni nimmt sich aber Zeit fürs Wetter. Trotz den stechenden Sonnenstrahlen, die auf seine geröteten Schultern hinunter brennen, erklärt er seelenruhig die verschiedenen Komponenten der Wetterstation. Er mag dieses heisse, sonnige Wetter. So sehr, dass er eigentlich gerne mal nach Spanien ausgewandert wäre. Bald zieht er mit seiner Frau aber ins Dorf. Sein Sohn und die Schwiegertochter übernehmen das Haus und irgendwann, wenn Alfons Lehni keine Lust mehr hat, sich um die Wetterstation zu kümmern, wird sein Sohn oder sein Schwiegersohn vermutlich den Job übernehmen. Dass er bei Regen im Wohnzimmer sitzt, wird wohl aber auch künftig nicht vorkommen.