Der Schutzengel hat den Khmer die Bauerlaubnis gegeben

«Von der Gemeinde haben wir die Baubewilligung bereits bekommen. Jetzt müssen wir noch unseren Schutzengel um Erlaubnis fragen.» Sinh Tra, Präsident des Kulturzentrums der Khmer in Walterswil, steht oberhalb des Bauplatzes und lauscht den Gebeten der buddhistischen Mönche. Gefeiert wurde der Spatenstich für den Bau einer Ruhestätte, direkt unter dem Kulturzentrum der Khmer. Tra ist froh, dass der Prozess nach dem Einreichen des Baugesuchs so schnell und unkompliziert vorangegangen ist. «Das Bauunternehmen konnte bereits am Freitagmorgen damit beginnen, alle Pflanzen zu entfernen», sagt er. Der Bagger stehe auch schon bereit. Nach der traditionellen Zeremonie würden die Bauarbeiten dann richtig starten. «Die Ruhestätte wird noch dieses Jahr fertiggestellt werden.»

«Das ist etwas Besonderes»
Für die Khmer in der Schweiz ist der Neubau eine grosse Sache. Kambodschaner aus dem Kanton Solothurn, dem Aargau, Luzern, Zürich und sogar aus Lausanne waren zu Gast in der Niederämter Gemeinde. Auch eine Frau aus Berlin, die derzeit Freunde und Familie in der Schweiz besucht, wollte den Baustart nicht verpassen: «Das ist etwas Besonderes für uns.»

Auf einem Tisch wurden Opfergaben aufgestellt: Trauben, Äpfel und Bananen, daneben ein gebratenes Poulet und auf der anderen Seite ein Teller mit drei Berlinern. «Damit fragen wir den Schutzengel, der dieses Land bewacht, um sein Einverständnis», erklärt Tra. Und man bete für Frieden und Glück, sodass keine Streitigkeiten oder Probleme auf diesem Stück Land ausgetragen werden. Nach dem Singsang der Mönche wurde das traditionelle Gebet der Khmer mit mehreren Paukenschlägen beendet. Und das Kulturzentrum lud zum Apéro ein.

Im neugebauten Haus habe es Platz für rund 500 Urnen. Das hat der Präsident ausgerechnet. Verstorbene würden hier nicht aufgebahrt oder beerdigt werden, bei den Khmer gehört die Kremation zur Tradition. Die Ruhestätte wird etwa 7 Meter hoch, 6 Meter breit und 8 Meter lang sein. Äusserlich erscheint das Haus unauffällig: Die traditionelle Bauweise mit etlichen Säulen, goldenen Verzierungen und spitzigem Dach ist nicht möglich. Die Parzelle, worauf gebaut wird, liegt in einer Kernzone. Kosten wird der Neubau rund 150 000 Franken. Tra: «Wir setzen dafür Spendengelder ein.»

Architekt Angelo Simonetto aus Oftringen hat zusammen mit dem Kulturzentrum der Khmer das Gebäude konstruiert. «Wir haben schon mehr als ein Jahr an diesem Projekt gearbeitet», sagt er. Seit Jahren interessiere er sich für die Kultur Kambodschas und sei darum in Kontakt mit dem Kulturzentrum. «Es war nicht ganz einfach, eine Bauweise zu finden, die sowohl den Khmer als auch der Gemeinde gefällt», so Simonetto. Das jetzige Projekt entspreche aber den Wünschen beider. Da der Bau mit Spendengeldern finanziert wird, erhält der Architekt nur einen symbolischen Lohn, erzählt Simonetto: «Es ist aber eine grosse Ehre für mich, dass ich an diesem Bau beteiligt sein darf.»