
Der Wohnungsbau als Spielball dank tiefer Zinsen
Sie umfasst zehn Seiten und zeigt die wichtigsten Entwicklungen und Trends im Baubereich und auf dem Immobilienmarkt: die aktuelle Aargauer Bau- und Wohnungsstatistik. Aktuell? In der statistischen Aufarbeitung von Zahlen will gut Ding seine Weile haben. Was zum Jahresschluss 2018 publiziert wurde, bildet die Jahre 2016 und 2017 ab. Ein wichtiger Grund für die Verzögerung ist, dass die Statistikerinnen und Statistiker keine Planungsleichen in ihren Zahlensätzen haben wollen. Ein Beispiel ist in Zofingen die Liegenschaft Vordere Hauptgasse 33 (Interdiscount). 2017 gestattete die Stadt einen umfassenden Umbau. Der wurde nicht an die Hand genommen, die Baubewilligung verfiel – allerdings sucht die Eigentümerin nun um eine neue nach.
Zurück zur Statistik. Auch wenn die Zahlen angejahrt scheinen – sie zeigen Politik und Wirtschaft glasklare Trends auf. Dies im Baubereich insbesondere mit Blick auf den Wohnungsmarkt. Der ist speziell im Bezirk Zofingen von einem Überangebot geprägt. Ende Juni 2018 standen in der Region 1376 Wohnungen leer. Der Grund: Sehr viele neue Wohnbauten entstanden, ohne auf die entsprechende Mieter- oder Käufernachfrage zu stossen. Institutionelle Anleger – Versicherungen und Pensionskassen flüchten sich angesichts der aktuellen Negativzinsen mit ihren Geldanlagen in den Liegenschaftsbereich. Dies widerspiegelt die Statistik der Bauinvestitionen (Tabelle).
Total 470 Millionen Franken wurden im Berichtsjahr für Bauvorhaben ausgegeben – 414 Millionen durch private Investoren. Das sind 2,3 Prozent mehr als in der Vorperiode. Gebaut wurden – neben Gewerbebauten – 631 zusätzliche Wohnungen. Interessant: Rund 88 Prozent dieser Wohnungen entstanden in Mehrfamilienhäusern – dem Postulat des verdichteten Bauens wird hier offensichtlich Rechnung getragen. Im Bezirk Bremgarten beträgt der Anteil an Einfamilienhäusern 24 Prozent.
Der Auslöser einer seit 25 Jahren – abgesehen von kleinen Dellen – steigenden Produktion von Wohnungen ist für Donato Scognamiglio klar das Bevölkerungswachstum, wie der Ökonom kürzlich an einer Veranstaltung der Aargauer Kantonalbank aufzeigte. Nicht nur die Zahl der Objekte wurde grösser, auch ihr Preis ist massiv gestiegen. Scognamiglio: «1981 kostete ein Haus um die 400 000 Franken, heute 1,2 Millionen.» Deshalb – und weil Grundstücke langfristig eine sichere Anlage sind – stiegen angesichts tiefer Zinsen vermehrt institutionelle Anleger in den Markt ein und überschiessen mit ihren neuen Wohnungen die Nachfrage. Das hat dazu geführt, dass da und dort die Immobilienpreise um rund zwei Prozent gesunken sind.
Scognamiglio sieht das Problem vor allem darin, dass sehr viele Mietwohnungen an Orten gebaut würden, wo man sie besser nicht bauen würde. «Weil viele dieser neuen Wohnungen aber leer bleiben und die Vermieter die Miete senken, ziehen viele Menschen in die neuen Wohnungen um: «Der Leerstand zieht um zu den alten Objekten und ein altes Objekt ist so wie eine heisse Kartoffel.»

