Der Zeitpunkt der Pensionierung stimmt

Es ist ein sonniger Morgen. Margrit «Mägi» Schmid Schär sitzt in ihrem mit Blumen verzierten Garten und liest Zeitung. Seit knapp drei Wochen kann sie das als Pensionierte vermehrt tun. 

«Gestern war ich mit meiner Schwester auf der Rigi», erzählt die 65-Jährige, die sich in den letzten 26 Jahren zu dieser Zeit normalerweise bereits wieder Gedanken zum neuen Schuljahr im Gemeindeschulhaus in Zofingen machte. «Auf meine Pensionierung hin hatte ich gemischte Gefühle», gesteht die ehemalige Unterstufenlehrerin. Es sei schön, den Sommer ohne die Schule im Hinterkopf geniessen zu können. Den Schmerz gelindert habe auch die Abschlussklasse: «Ich hatte tolle Kinder mit tollen Eltern», so Schmid, die in Brugg aufgewachsen ist. 

Vor allem die Brittnauer bleiben in Erinnerung 

Angefangen hat ihre Berufskarriere an der Kantonsschule Aarau mit einer dreijährigen Handelsausbildung. «Ich merkte aber schnell, dass ich nicht im Büro arbeiten will», so Schmid. Sie wechselte ans Seminar, um sich zur Lehrerin ausbilden zu lassen. Nach einem halben Jahr musste sie in einem Test beweisen, dass sie in denjenigen Fächern, die sie während ihrer dreijährigen Ausbildung nicht hatte, aufgeholt hat. «Das war hart, doch ich habe es geschafft», erinnert sich die zweifache Mutter zurück. Schwierig war auch die Situation für Lehrerinnen und Lehrer 1976 auf dem Arbeitsmarkt. «Es herrschte ein riesiger Lehrerüberfluss. Nur jemand aus meiner Klasse fand im Anschluss eine Stelle.» Also schlug sie sich mit Stellvertretungen durch. Vor allem die erste blieb ihr dabei in Erinnerung. In Brittnau unterrichtete sie eine gemischte 6. Klasse und die Jungs einer 8. Klasse. «Ich war nur ein paar Jahre älter als die Schüler», erinnert sie sich mit einem Lachen zurück. Sie sei zu dieser Zeit durch ein Stahlbad gegangen. «Ich fuhr damals noch mit meinem Töff zur Schule. Einmal haben sie mir Zucker in meinen Benzintank getan», so Schmid, die sich lange nicht vorstellen konnte, einmal an einer Unterstufe zu unterrichten. Über Stationen in Brittnau, Oftringen, Rothrist, Vordemwald, Strengelbach und Schöftland landete Mägi Schmid Schär schliesslich 1994 in Zofingen an der Unterstufe, wo sie seither den Ruf als konsequente Lehrerin hatte. «Nach einer gewissen Zeit wurde aber schnell klar, dass ich nicht nur streng, sondern auch humorvoll bin und gerne mit den Schülern scherzte. Ich hatte einen guten Draht zu ihnen», so Schmid. «Ich hatte das Gefühl, dass die meisten gerne zu mir in den Unterricht kamen.» 

Ein letztes Kinderfest blieb ihr verwehrt 

Nebst der Schule musste sich Mägi Schmid Schär auch von der Kinderfestkommission verabschieden, der sie 15 Jahre lang beiwohnte. «Ich hätte gerne zum Abschluss ein Kinderfest gehabt. Die Absage hat sehr wehgetan», so Schmid. Gerne hätte sie auch ihre Nachfolgerin in der Kommission richtig eingearbeitet. Wegen des Coronavirus blieb ihr auch das verwehrt. 

Fast wäre auch die Verabschiedung an der Schule dem Virus zum Opfer gefallen. Als Ersatz organisierte die Schulpflege für die fünf frischgebackenen Pensionierten ein Abendessen im Lindenhof mit ihren Liebsten. Ausserdem führte Mägi Schmid Schär ein eineinhalbstündiges Abschlussgespräch mit dem Schulleiter. «Das war eine sehr schöne Idee. Das rechne ich der Schulleitung und der Schulpflege hoch an», sagt Schmid, die nebst ihrem Kollegium vor allem auch die Kinder vermissen wird.  

Lehrerinnen und Lehrern, die bald ihren ersten Schultag haben, rät sie Gelassenheit im Umgang mit Eltern: «Vor allem bei jungen Lehrpersonen haben manche Eltern das Gefühl, sich vermehrt in schulische Belange einmischen zu müssen, und zweifeln somit teilweise die Fähigkeiten der Lehrperson an», so Schmid. Man müsse lernen, nicht alles persönlich zu nehmen. 

Obwohl man im Gespräch mit Mägi Schmid Schär merkt, wie sehr sie ihren Beruf geliebt und die Arbeit mit den Kindern genossen hat, gibt es doch einen positiven Aspekt ihrer Pensionierung, nämlich den Zeitpunkt: «Ich bin nicht ganz unglücklich, dass mir die Umstellung auf den Lehrplan 21 erspart bleibt», gesteht sie mit einem Lächeln. «Die jüngeren Lehrpersonen haben mit Abkürzungen und Ausdrücken gelernt umzugehen, von denen ich keine Ahnung habe.»