
Die Dekadenz des Netflix-Angebots
Der kleine Unterschied ist, dass ich bei Netflix zu diesem Preis mehrere tausend Serien und Spielfilme zur Auswahl habe. Netflix ist sozusagen das Schlaraffenland für Filmfans. Ausserdem muss ich mir nicht noch erst eine geballte Ladung an Werbung reinziehen, bevor ich in den Genuss des Filmes komme, kann den Film wiedergeben und stoppen, wie es mir passt und werde nicht dazu gezwungen, mir die Analysen jeder Szene aus einer Reihe hinter mir mitanhören zu müssen. Ich freute mich also kürzlich auf einen gemütlichen Netflix-Abend. Doch dieser begann erst einmal mit der Qual der Wahl. Eher nicht hilfreich waren dabei die Filmbeschreibungen, welche sich aus mir unbegreiflichen Gründen auf einen Satz beschränken. Zum Beispiel: «Eigentlich konnte sich Tom nie für seine neue Sekretärin begeistern, doch dann merken sie, dass die beiden mehr verbindet, als ihnen lieb ist.» Hand aufs Herz: Würde Sie eine solche Beschreibung packen? Entscheide ich mich bei diesem riesigen Angebot für einen Film, quält mich anschliessend das schlechte Gefühl, ein anderer wäre vielleicht doch die bessere Wahl gewesen. Und wenn mich ein Film mit den ersten drei Szenen nicht schon vollends in seinen Bann zu ziehen mag, tendiere ich des Öfteren dazu, nach fünf Minuten die Stop-Taste zu drücken und einen neuen Film zu beginnen. Bis sich endlich eine Produktion als sehenswert erweist, vergehen manchmal Ewigkeiten. Ich verschwende also meine Zeit aus der Furcht heraus, einen schlechten Film zu sehen, der meine Zeit verschwendet. Es gibt einfach Fälle, da passt die Redewendung «Zu viel des Guten» wie die Faust aufs Auge. Mit einem gemütlichen Filmabend hat das nicht mehr viel zu tun.
✒ Waltsworte von Tobias Walt tobias.walt@ztmedien.ch