Die Krise der SRG lockt die SVP

Die SVP ist wütend auf das Schweizer Fernsehen. Sie will die Lancierung einer Volksinitiative prüfen, die sich gegen die SRG richtet. Wird etwas daraus? Wahrscheinlich nicht.

Die Volkspartei verweist auf die Haushaltabgabe für elektronische Medien, die gesenkt werden müsse. Dazu ist zu sagen: Vor drei Jahren lag die Gebühr bei 465 Franken pro Jahr. Nun sind es 335 Franken – und nicht 365, wie sowohl der «Sonntagsblick» als auch die NZZ schreiben. Die Reduktion entspricht 28 Prozent. Weitere Senkungen sind absehbar, denn die Zahl der Haushalte in der Schweiz steigt. Folglich erhöht sich die Gesamtsumme, die das Unternehmen Serafe im Auftrag des Bundes eintreibt.

Die Rezepte der SVP taugen wenig

Der Trend zur Reduktion der Abgabe ist also bereits da, es braucht dafür kein Volksbegehren. Und es ist unklar, was sich mit einer schnellen, starken Senkung der Gebühr am Missstand ändern soll, den die SVP ausgemacht hat: die Linkstendenz in der politischen Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks. Die SVP störte sich konkret an der Talkshow «Club», in der zum wiederholten Mal der EU-Rahmenvertrag Thema war, ohne dass ein Exponent der Partei in der Runde sass. Das ist in der Tat seltsam. Die Prime-Time-Radiosendung «Echo der Zeit» hört sich zuweilen an wie ein Podcast der linksalternativen «Wochenzeitung.» Manche Regionaljournale berichten fast so behördennah wie die russischen Staatsmedien.

Dass die SRG eine politische Schlagseite hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Die SVP hat hier also einen Punkt. Die Rezepte, die sie vorschlägt, taugen allerdings wenig. Die Haushaltabgabe umgehend auf 200 Franken festzulegen, brächte die öffentlichen Medien in den drei kleineren Sprachregionen in arge Schwierigkeiten. Die SRG darf ein wenig mehr Geld von den Bürgern einziehen als ausländische öffentliche Medien, weil sie in vier Sprachen zu produzieren hat, nicht nur in einer.

Alternative: eine politische Quote bei der Zusammensetzung der SRG-Spitze

Auch die Unterstützung privater, regionaler Radio- und Fernsehstationen geriete unter Druck. Sie partizipieren am sogenannten Gebührensplitting. Die politische Berichterstattung der elektronischen Medien in den Kantonen abzuwürgen, ist das im Sinne der SVP? Der Partei scheint der eigene Vorschlag nicht ganz geheuer, bringt sie doch eine Alternative ins Spiel: eine politische Quote bei der Zusammensetzung der SRG-Spitze und der Redaktionen, die politische Inhalte produzieren.

Dass eine Partei, die für die Freiheit einstehen will, eine so sperrige, bürokratische Massnahme in Betracht zieht, mutet sonderbar an. Was ist stattdessen zu tun? Es wäre gut, wenn Exponenten aller bürgerlichen Parteien den Druck auf die SRG erhöhen würden. Die Berichterstattung eines öffentlichen Medienhauses sollte politisch ausgewogener sein, als sie es derzeit ist. Würde im Verwaltungsrat der SRG ein markanter bürgerlich–liberaler Kopf Einsitz nehmen, wäre das nicht zum Schaden des öffentlichen Rundfunks. Das sollte sich Medienministerin Simonetta Sommaruga merken.

Die SVP baut mit der Prüfung einer Volksinitiative eine Drohkulisse auf. Dass sie den Plan umsetzt, ist aber unwahrscheinlich. Seit 2014 ist die SVP mit all ihren Volksbegehren gescheitert, zum Teil krachend. Will sie die Niederlagenserie fortsetzen? Eine Chance hat sie allerdings: Der neue Chef des Tessiner Fernsehens, Mario Timbal, erklärt mit entwaffnender Offenheit, dass die SRG in einer Krise stecke. Belästigungsaffäre, demotiviertes Personal, hohe Boni für die Chefs in Krisenjahren, horrende Kosten wegen disfunktionaler Studiotechnik und anderes mehr. Wenn die SRG den Wust an Problemen nicht bald in den Griff bekommt, wird das Wohlwollen der Bevölkerung – 72 Prozent Nein zu No-Billag – bröckeln. Dann hätte die SVP eine Chance mit einer Volksinitiative gegen die SRG.