Die Redaktion zeigt die Fotos, die sie im Jahr 2020 bewegten (Teil 1/2)

Lilly-Anne Brugger, Stv. Chefredaktorin

An dem Tag, an dem dieses Bild entstanden ist, hätte auf dem Heiternplatz ein geschäftiges Treiben herrschen sollen. In normalen Jahren wären die Vorbereitungen fürs Heitere Open Air fast fertig gewesen. Doch nicht so im Corona-Jahr 2020. Das Lindengeviert war an diesem Tag Anfang August verwaist. Einige Spaziergänger waren zu sehen – und ein fast entspannter Christoph Bill stand für ein Interview Red und Antwort. Angespannt war der Festivalleiter trotzdem, denn der Veranstaltungsbranche waren in diesem Jahr die Hände gebunden: Als erste Branche musste sie lernen, mit den Corona-Regeln zu leben – als letzte Branche durfte sie die Arbeit wieder aufnehmen. Wobei es nicht lange dauerte, bis die Einschränkungen ausgedehnt wurden. Bereits sind Veranstaltungen wieder verboten. Das zerrt nicht nur an den Nerven, das macht auch Existenzsorgen.

So war dieser Sommer für Christoph Bill ein anderer. Er hat sich während der Sommerferien ein paar Tage Auszeit gegönnt. Das sei ein neues Gefühl gewesen, im Sommer Ferien zu machen. Normalerweise hat er nicht einmal am Wochenende frei. Klar war für Christoph Bill damals, Anfang August, dass das Heitere 2021 stattfinden muss – und zwar möglichst normal. Ob dies tatsächlich gelingen wird, kann nur die Zeit zeigen. Ich selbst wünsche mir, dass ich nächstes Jahr Christoph Bill auf dem Heiternplatz vor einer aufgebauten Bühne fotografieren kann und mit ihm nach vorne schauen darf – auf ein Heitere Festival mit vielen musikalischen Highlights.

Bild: Oliver Schweizer
Bild: Oliver Schweizer

Oliver Schweizer, Online-Redaktor

Was Sie auf dem Bild sehen, nenne ich «Arbeitsplatz». Sie sehen richtig, es handelt sich um das Sofa in unserem Wohnzimmer. Seitdem die Temperaturen gesunken und das Wetter garstig geworden ist, kommt der Gartentisch auf der Terrasse als Arbeitsplatz leider leider nicht mehr in Frage – und so sitze oder liege ich nun auf dem Sofa und füttere die ZT-Homepage mit News, die sich unerfreulicherweise zu einem sehr grossen Teil um ein einziges Thema drehen: Corona. Abwechslung gibt es um 9 Uhr und um 14 Uhr. Dann sieht mein Monitor so aus wie auf dem Bild. Es handelt sich dabei um eine ZT-Redaktionssitzung im Zeitalter der Pandemie. Das funktioniert besser, als man denkt. Aber nach 10 Monaten hat man trotzdem langsam genug davon.

Bild: Michael Wyss
Bild: Michael Wyss

Michael Wyss, Ressortleiter Sport

Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich mich für dieses – tatsächlich unbearbeitete – Bild entschieden habe. Es widerspiegelt auf verschiedene Weisen das Jahr 2020. Wegen Corona mussten fast alle Regionalsport-Anlässe abgesagt oder verschoben werden. Deshalb habe ich mehr Zeit zuhause, von wo aus auch dieses Foto gemacht wurde, verbracht als üblich. Das Bild entstand einen Tag, nachdem der Bundesrat die Situation in der Schweiz als «ausserordentliche Lage» eingestuft hatte. Fortan war ich öfters in der Natur unterwegs, habe die ungewohnte Ruhe und den von Flugzeugen unberührten Himmel genossen. Was zu Beginn beruhigend schön war, wird langsam belastend. Ich wäre froh, ich bekäme bald möglichst wieder mehr Kondensstreifen zu sehen.

Bild: Zoo Zürich
Bild: Zoo Zürich

Ronnie Zumbühl, Redaktor Region

Im Zoo in Zürich gab es dieses Jahr erstmals Nachwuchs bei den Koalas. Auf dem Bild ist das Koalaweibchen Pippa mit ihrem acht Monate alten Jungtier Uki zu sehen. Ich muss dazu sagen, dass ich eigentlich kein riesiger Fan von Tieren bin. Aber vielleicht ändert sich das gerade. Dieses Foto jedenfalls hat mich sehr berührt. Vielleicht liegt es an der Umarmung. Ich möchte Pippa und Uki auch gleich mit meinen Armen umschlingen. Diese Form des Körperkontakts fehlt mir definitiv. Wurde diese Geste der Zuneigung vor der Pandemie noch beinahe inflationär ausgeführt, ist sie jetzt, berechtigterweise, auf das Minimum reduziert. Ein weiterer – vermutlich der gewichtigere – Grund, weshalb mich dieses Bild so berührt, ist, dass ich bald selbst Vater werde. Wahrscheinlich schiesst mein Körper bei jedem Anblick gleich eine Salve des Kuschelhormons Oxytocin los. Ich freue mich darauf, das Baby bald in meine Arme zu schliessen.

Bild: Pascal Kamber
Bild: Pascal Kamber

Pascal Kamber, Redaktor Sport

Packende Zweikämpfe, gelungene Passstafetten, Tore, Jubel, Frust: All das erlebte ich Anfang März beim Cup-Viertelfinalduell zwischen dem RHC Vordemwald und dem RHC Genève. Der Gastgeber verlangte dem Favoriten aus der Romandie alles ab, musste sich am Ende aber 1:4 geschlagen geben. Es sollte das letzte Mal für längere Zeit sein, dass ich solche Emotionen vor Ort miterleben durfte. Eine Woche später rief der Bundesrat die ausserordentliche Lage aus, womit auch das Sportgeschehen in der Region zum Stillstand kam. Nach einem kurzen Intermezzo im Spätsommer und Herbst präsentiert sich neun Monate später das gleiche Bild, was meine Geduld abermals strapaziert. Ich hoffe sehr, dass die zweite Pause kürzer dauern und – vor allem –  die letzte in dieser Art sein wird.

Bild: Katrin Petkovic
Bild: Katrin Petkovic

Katrin Petkovic, Redaktorin Region

Dieses Jahr war ich manchmal richtig sauer aufs Universum. Wieso kommt so viel Unheil auf einen Schlag? Belastende Umweltkatastrophen und Proteste, die viele Todesopfer forderten. Als ob das nicht schon genug wäre, sterben auch weiterhin viel zu viele Menschen am Corona-Virus. Häufig wünschte ich mir Antworten, um den Sinn hinter all dem zu sehen. Doch alle Klage bringt nichts. Die Welt dreht sich immer weiter. Farin Urlaub, der Front-Sänger der Ärzte, hat dazu ein passendes Lied geschrieben: «Traurig sein hat keinen Sinn, die Sonne scheint auch weiterhin. Das ist ja grad die Schweinerei, die Sonne scheint, als wäre nichts dabei.» Auch der Winter ist dieses Jahr ins Land gezogen, wie jedes andere Jahr auch. Es interessiert Frau Holle nicht, wie ich mich zurzeit fühle, genau so wenig die Sonne. Also blicke ich nach vorne und singe: «Ich wünsch‘ dir, dass die Sonne für dich scheint.»

Bild: Beat Kirchhofer
Bild: Beat Kirchhofer

Beat Kirchhofer, Politik/Analysen

Corona – keine kulturellen Anlässe, dafür mehr Zeit, in der Natur zu sein. Pflanzen bestimmen mit dem aus Schulzeiten altbekannten Werk von August Binz und vor allem Tiere beobachten. Allen voran die eigenen Vierbeiner. Was die in den letzten Monaten für Freundschaften geschlossen haben – sensationell.

Und wir Menschen? Hier in der Natur lernt man interessante Leute aus neuen Umfeldern kennen. Distanzregeln sind kein Problem, weil selbstverständlich.

In Corona-Zeiten gehen Freunde verloren. Ja, der Tod. Aber auch durch Entfremdung. «Gag»-Mails aus dem Home-Office und dergleichen mag der Absender lustig finden. Zum Glück gibt es im Adressbuch auch Freunde und Bekannte, welche die fundierte Diskussion per Postbrief wiederentdeckt haben.

Bild: Lilly-Anne Brugger
Bild: Lilly-Anne Brugger