
«Die Stadt muss handeln»: Oltner Quartiere kämpfen gegen fremden Durchgangsverkehr
Schleichverkehr durchs Quartier, Befahren der Einbahnstrasse in verbotener Fahrtrichtung, zu langes Parkieren ohne gültige Parkkarte oder Nichteinhalten der Tempo-30-Limite: So präsentiert sich die Situation in den Augen der eines Teils der Anwohner in den Quartieren Säli, Bifang und Wilerfeld seit Jahren. Und es werde immer schlimmer: «Nach der Eröffnung der Umfahrung Aarburg und vor allem nach der Eröffnung der Entlastung Region Olten ERO hat der Verkehr stark zugenommen», schreiben die Anwohner in einer Petition mit 150 Briefen und 200 Unterschriften, die sie kürzlich an Stadtpräsident Martin Wey übergaben.
Sie fordern die Stadt auf, dass «endlich Massnahmen ergriffen werden». Der Widerstand von Anwohnern ist nicht neu. Sie werfen der Stadt aber vor, dass diese die Situation «verharmlose und beschönige», so Hansruedi Kaeser, einer der Köpfe der Petitionäre.
Die Quartierbewohner richten ihre Kritik aber auch an die Kantonspolizei, die zuwenig respektive für Autofahrer zu sichtbare Kontrollen durchführen würden. «Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Autofahrer erwischt wird, ist gleich Null», beschwert sich ein Anwohner. Und eine andere legt nach: «Es ist für Autofahrer einfach viel zu attraktiv, durchs Quartier zu fahren.»
Um ihre Haltung zu unterstreichen, haben die Quartierbewohner selbst Verkehrsmessungen vorgenommen – sie zweifeln an jenen der Polizei. Diese kam beim Verkehrscontrolling 2013, das kurz nach der Eröffnung der ERO durchgeführt wurde, auf einen Wert beim unberechtigten Durchgangsverkehr von 5 bis 6 Prozent. Der Hauptteil des Verkehrs ist also durch Bewohner und Zubringer hausgemacht, so der Schluss. Die Anwohner hingegen kamen bei ihren Messungen auf einen Wert von über 50 Prozent für den Schleichverkehr, vor allem auf der Achse vom Sälipark via Riggenbach-, Reiser- und Sälistrasse in den Sälikreisel.
Daher ist für die Petitionäre rund um Hansruedi Kaeser, Eva Künzler und Urs Amacher klar, dass die Stadt handeln muss. Neben verstärkten Polizeikontrollen fordern sie weitere bauliche Massnahmen wie Berliner Kissen oder versetzte Parkplätze sowie eine Sensibilisierungskampagne für die Einwohner, damit diese auf Autofahrten innerhalb der Stadt verzichten.
«Kein vordringliches Problem»
Eine Massnahme, die ebenfalls erwähnt wurde, ist eine Verkehrsscheide an der Engelbergstrasse. Damit würde der Schleichverkehr etwa via Gartenstrasse/Feldstrasse oder in umgekehrter Richtung via Reiserstrasse unterbunden. Querungsmöglichkeiten bestünde nur für Fussgänger, Velofahrer und den öV. Auch der Stadtrat hat in einer Antwort auf den Vorstoss von 2009 der Grünen Anita Huber und Felix Wettstein zum Thema festgehalten, dass «nur mit einer einzigen Massnahme der Schleichverkehr wirkungsvoll eliminiert werden kann, nämlich mit einer Verkehrsscheide an der Engelbergstrasse».
Die Oltner Regierung verzichtete aber «aufgrund der eher ablehnenden Reaktionen aus der Bevölkerung und den zufriedenstellenden Resultaten aus dem Verkehrscontrolling» auf deren Einführung, wie es in der Antwort auf den Vorstoss von Ex-SVP-Parlamentarier Ernst Eggmann aus dem Jahr 2016 heisst. Dort steht auch: «Der unberechtigte Durchgangsverkehr ist dank der Massnahmen offenbar weiterhin kein vordringliches Problem.»
Ob der Stadtrat also in Sachen Schleichverkehr wirklich aktiv wird, ist offen. Ein Jahr hat er nun Zeit, um auf die Petition zu antworten. «Ich will keine Versprechungen machen und kann keine Lösungen anbieten», sagte Stadtpräsident Martin Wey den rund 25 anwesenden Petitionären bei der Übergabe. Zumindest vorgesehen ist allerdings – worauf auch Wey verwies –, dass es mit dem Erweiterungsprojekt Sälipark 2020 bei der Riggenbachstrasse oberhalb des Einkaufszentrums eine Durchfahrtssperre mit Pollern gibt. Diese Massnahme würde den von den Quartierbewohnern gemessenen hohen Schleichverkehr via Reiserstrasse vom Sälipark her unterbinden.
Und in einem Punkt gab Wey den Petitionären auch recht: «Es gibt einen Vollzugsnotstand bei den Kontrollen. Wir können die Kantonspolizei nicht verpflichten, Kontrollen durchzuführen.» Bei der Kantonspolizei will man davon aber nichts wissen: Man stehe in regelmässigem, engen Austausch mit der zuständigen Direktion. «Die anscheinend von Herrn Wey verwendete Formulierung ist uns nicht bekannt», schreibt Kommunikationsleiter Andreas Mock auf Anfrage.
von Fabian Muster — Oltner Tagblatt