Die Swiss schneidet besser ab als die anderen Lufthansa-Airlines – doch gegen die Billigflieger hat sie keine Chance

Durchschnittlich 1,6 Millionen Franken hat die Swiss im dritten Quartal jeden Tag verloren. Weil im Sommer mehr Leute flogen, war dieser Wert im Vergleich zum zweiten Quartal zwar etwa 20 Prozent tiefer. In den ersten drei Quartalen des Jahres summieren sich die Verluste aber schon auf über 1,5 Milliarden Franken.

Ein kleiner Lichtblick für die grösste Schweizer Airline: Damit schneidet sie besser ab als die anderen Lufthansa-Airlines. In den ersten neun Monaten resultierte bei der Swiss und ihrer Schwester Edelweiss ein Umsatzrückgang von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei der Lufthansa und ihren Regionalpartnern gingen die Umsätze um 72 Prozent zurück, bei der Tochter Brussels Airlines um 70 Prozent und beim österreichischen Ableger Austrian Airlines um 74 Prozent.

Nur noch 25 Prozent der Kapazitäten im Winter

In den ersten neun Monaten transportierte die Swiss mehr Passagiere als Brussels und Austrian zusammen. Werden die Verkehrserlöse der ersten neun Monate betrachtet, erhöhte sich der Anteil der Swiss im Lufthansa-Verbund um knapp einen Prozentpunkt auf 18,5 Prozent. Allerdings sind diese Zahlen mit Vorsicht zu geniessen: Sie sagen nichts darüber hinaus, wie die Airline schlussendlich aus der Krise kommt.

Dass der Winter hart wird, ist kein Geheimnis. Die Swiss und die Lufthansa rechnen noch damit, 25 Prozent der Kapazitäten des Vorjahres anzubieten. Die Prognose wurde damit noch einmal nach unten korrigiert. Noch Ende September hatte die Swiss mit 30 bis 40 Prozent gerechnet. «Angesichts des neuerlichen Anstiegs der Corona-Fallzahlen in der Welt und der damit verbundenen Verschärfung der globalen Reiserestriktionen wird die Nachfrage im vierten Quartal weiter zurückgehen», teilt die Swiss am Donnerstag mit. Der Verlust werde sich erhöhen.

Was bringt die neue Risikoländer-Liste?

Dass die Schweiz ihre Risikoländerliste überarbeitet hat und eine Quarantäne nur noch bei Rückkehr aus wenigen Ländern nötig ist, hilft der Nachfrage etwa auf Verbindungen nach Spanien, Portugal oder in den Osten. Auch die Schwester Edelweiss registriert wieder mehr Buchungen auf gewissen Strecken. Das dürfte aber ein Tropfen auf dem heissen Stein bleiben.

Die Swiss rechnet denn auch weiterhin damit, in den nächsten zwei Jahren «rund 1000 Stellen» abbauen zu müssen. Zudem werden bereits bestellte Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge verzögert ausgeliefert, die fortlaufende Ausmusterung älterer Flugzeuge wird laut dem aktuellen Finanzbericht «fortlaufend geprüft». Damit kommt die Swiss vergleichsweise glimpflich davon. Drastischer sind die Einschnitte etwa bei Austrian, wo das bestehende Restrukturierungsprogramm laut Lufthansa-Angaben «noch einmal verschärft» wird. Bei Brussels Airlines sollen 25 Prozent der Stellen verschwinden.

Ist Wizz Air der grosse Gewinner?

Im Vergleich zu Billigfliegern steht aber auch die Swiss schlecht da. Diese haben dank einer einheitlichen Flotte und einer effizienteren Nutzung tiefere Kosten. Hinzu kommt, dass sie nicht von Gewinnen auf Langstrecken-Verbindungen abhängig sind, weil sie nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen innerhalb Europas anbieten. Auf diesen waren zuletzt deutlich mehr Passagiere unterwegs als auf Langstreckenflügen. Während die Swiss im September 84 Prozent weniger Passagiere transportierte als in der Vorjahresperiode, betrug der Einbruch bei Ryanair nur 64 Prozent.

Laut der «Finanz und Wirtschaft» musste die ungarische Wizz Air im dritten Quartal ihr Angebot nur halbieren, während grosse Netzwerk-Airlines wie die Lufthansa-Gruppe, die British-Airways-Mutter IAG oder AirFrance-KLM ihr Angebot um bis zu 75 Prozent reduziert hätten. Hinzu komme, dass Wizz Air die Gelegenheit genutzt habe, um ihre Präsenz auszubauen – ein Vorteil für die Zeit nach Corona.

Easyjet leidet etwas mehr

Auch Ryanair-Chef Michael O’Leary sagte am Montag, er rechne mit einer schnellen Erholung des Geschäfts, sobald es einen Impfstoff gebe oder das Reisen dank Tests erleichtert werde. Ryanair werde zu den Gewinnern gehören, denn der Wettbewerb werde über sehr tiefe Ticketpreise geführt – ein Vorteil für den Billigflieger, der mit der Einflottung der Boeing 737 Max im nächsten Jahr die Effizienz weiter steigern will und die Personalkosten dieses Jahr drastisch gesenkt hat.

Etwas schlechter steht hingegen Easyjet da, der Platzhirsch am Basler Euroairport und am Flughafen Genf. Zuletzt musste die Airline neun weitere Flugzeuge verkaufen und zurück leasen, um Liquidität zu beschaffen. Nur noch 44 Prozent der Flotte gehören mittlerweile Easyjet selbst, in der Wintersaison rechnet die Airline mit ähnlich tiefen Zahlen wie die Lufthansa-Gruppe: Man wolle etwa 25 Prozent der Kapazitäten anbieten, sagte eine Sprecherin diese Woche.

Die Bäume wachsen in der Krise auch für die Billigflieger nicht in den Himmel. Die Töne wurden zuletzt denn auch etwas zurückhaltender. Matthias Suhr, der Direktor des Basler Euroairports, sagte im Interview mit der «bz Basel»: «Easyjet und auch Wizz Air bieten Europaflüge an – dieser Markt wird sich schneller erholen als die Langstrecke. Aber nicht deutlich schneller.» Auf das Vorkrisenniveau werde man erst 2024 wieder kommen. Die Durststrecke hat erst gerade begonnen.