Duo Verwey/Leibundgut: Klänge mit wohltemperierter Stimmung

«Wenn man von singenden Männern im Bereich der Klassik spricht, denkt man automatisch an Pavarotti, Domingo und Carreras, also an Tenöre. Aber es gibt ja auch Männer, die tief singen, die Bässe!». So beschreibt der Verein Kulturraum Hirzenberg das Konzert mit Michael Leibundgut im Anschluss an seine Generalversammlung.

Welche Spannweite die Musikliteratur für die Bässe bereithält, zeigte das Programm, worin gläubiger Barock, sakrale Klassik, tiefgründige Romantik sowie Opernarien von Mozart, Wagner und Verdi vorkamen, also Gegensätzliches. Somit war der in Aussicht gestellte unterhaltsame Abend gesichert. Ansi Verwey brachte ihre Erfahrungen aus zahlreichen Opernhäusern ein und erwies sich als brillante Begleiterin. Michael Leibundgut gilt eigentlich als gefragter Spezialist für zeitgenössische Musik. Eigentlich. Aber dass er auch das Faible für die Lyrik hat, zeigte er schon vor 13 Jahren, als er in der Aula des Primarschulhauses Schuberts «Winterreise» tiefgreifend auslegte.

Gehaltvolle Auswahl
Das Duo Verwey/Leibundgut wurde vom zahlreichen Publikum mit brausendem Applaus begrüsst, Grosses erwartend und dann auch erhaltend. Das begann mit dem Rezitativ «Am Abend, da es Kühle war» und der Arie «Mache dich mein Herze rein» aus der «Matthäus-Passion» von Joh. Seb. Bach; das eine klagend und bittend, das andere freudig und verheissend, figurenreich ummantelt vom Klavier. Mit «Grenzen der Menschheit» folgte etwas vom tiefsten, was Wort (Goethe) und Musik (Schubert) je hervorgebracht haben. «Mit uns spielen Wolken und Winde, uns hebt die Welle, verschlingt die Welle und wir versinken», heisst es darin. Dies geschieht auch in der Vertonung, von Bass und Klavier übereinstimmend mit wankenden Gefühlsbewegungen ausgemalt. Zuversichtlicher tönte es im Rezitativ «Und Gott sprach», im Accompagnato «Gleich öffnet sich der Erde Schoss» und in der Arie «Nun scheint in vollem Glanz der Himmel» aus «Die Schöpfung» von Haydn. Und wieder folgte mit den drei Liedern nach Michelangelo von Hugo Wolf eine Wende in das Abgründige. Wolf sei für ihn neben Schubert der genialste Liedermacher, erklärte Michael Leibundgut. Das wurde fühl- und hörbar in «Wohl denk ich oft an mein vergangnes Leben», «Alles endet, was entstehet» und «Fühlt meine Seele das ersehnte Licht von Gott». Der Sänger konnte sich darin ausdrücken, als wäre er selber der Komponist.

Die bunte Welt der Oper
Nach einer kurzen Pause änderte sich das Bild. War das Duo bisher in würdiger Konzertkleidung erschienen, wandelte sich nun das Habit, jeweils den Rollen in den zitierten Opern angepasst. Dazu hatte Michael Leibundgut einen grossen Koffer herbeigeschleppt. Diesem entnahm er die schwarze Kluft des Ritters Gurnemanz und inszenierte damit die Arien «He, ho, ihr Waldhü- ter» und «Du siehst, das ist nicht so» aus der Oper «Parsifal» von Wagner. Sogleich wurde erkennbar, dass Michael Leibundgut nicht nur ein begabter Sänger ist, sondern auch ein hervorragender Schauspieler mit Bühnenerfahrung. Das setzte sich fort, als er in die Rolle des liebessüchtigen Osman in Mozarts Oper «Die Entführung aus dem Serail» schlüpfte und die Arien «Wer ein Liebchen hat gefunden» sang und voller Feuer «Oh, wie will ich triumphieren» jubelte. Vom türkischen Orient ging es dann in das Reich der mythischen Nibelungen am deutschen Rhein, wo die Riesenbrüder Fasolt und Fafner in der Götterburg Walhalla hausten. Zu den Arien «Sanft drückt der Schlaf dein Aug» und «Die ihr durch Schönheit herrscht» aus «Rheingold» (Wagner) stülpte Michael Leibundgut seiner Begleiterin Ansi Verwey einen golden glänzenden Hut über. Ein Beispiel von Pathos aus italienischer Sicht lieferte Verdis «Ella giammai m’amò» (Sie hat mich nie geliebt) aus der Oper «Don Carlo». Darin verbanden sich Gesangs- und Schauspielkunst zu einer Spitzenleistung. Das Publikum war so begeistert, dass es Ansi Verwey und Michael Leibundgut erst nach einer Zugabe entlassen mochte.

Zunächst präsentierte das Duo Verwey/Leibundgut ihre Stücke in der passenden Abendgarderobe - dies sollte sich jedoch bald ändern. (Bild: kbb)
Zunächst präsentierte das Duo Verwey/Leibundgut ihre Stücke in der passenden Abendgarderobe – dies sollte sich jedoch bald ändern. (Bild: kbb)