
Eichmattweiher in Brittnau: In zwölf Jahren zum Naturparadies
Der Eichmattweiher im Wilital – ein idyllischer Ort und ein Naturparadies. Ermöglicht wurde dieses durch eine Schenkung von Fredy Weber und das vom Verein «Karpfen pur Natur» ausgearbeitete Projekt. Eine kleine Zwischenbilanz.
Die Sonne scheint, im Wasser spiegelt sich die Uferbestockung und ein vielstimmiges Vogelkonzert ist zu hören. «Ich komme immer wieder gerne hierhin», sagt Fredy Weber. Hierhin, das ist der Eichmattweiher im Wilitäli auf Brittnauer Boden. Ein idyllischer Ort, der 2010 geschaffen wurde. «Schuld» daran, dass es diesen Ort überhaupt so gibt, ist eben dieser Fredy Weber. Der heute 76-Jährige war zeitlebens in der Textilindustrie tätig und bewirtschaftete als «Fürobe-Buur» den Hof beim Eichmattweiher, den er vor einigen Jahren seinem Sohn Reto übergab. Es müsse in der Zeit um 2008/09 gewesen sein, als er in der NZZ auf einen Aufruf der Schweizerischen Vogelwarte Sempach aufmerksam geworden sei, die Landbesitzer suchte, welche auf ihrem Land die Biodiversität fördern wollten. «Für mich war damals klar, dass ich etwas für die Natur tun wollte», betont der heute in Vordemwald wohnhafte Weber, «denn es war damals vielleicht nicht gerade schon fünf vor zwölf, aber mindestens halb zwölf.»
Idee stiess nicht überall auf Gegenliebe
Nach ersten Gesprächen zwischen Weber und Roman Graf von der Vogelwarte wurde schon bald ein weiterer Akteur in die Verhandlungen miteinbezogen: Manfred Steffen vom Verein «Karpfen pur Natur». Die Vogelwarte zog sich darauf aus den weiteren Verhandlungen zurück und Steffen und Weber entwickelten in gemeinsamen Gesprächen die Idee eines vielfältigen Aufwertungsgebiets mit Lebensräumen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Mittelpunkt der geplanten Anlage sollte ein grösserer Teich mit naturnaher Umgebungsgestaltung sein. «Eine Idee, die damals nicht überall auf Gegenliebe stiess», wie sich Weber erinnert. «So schönes Land für so etwas zur Verfügung stellen», sei der Tenor der Kritiker gewesen.
Der lehmhaltige, vernässte Untergrund erwies sich als ideal für die Anlage verschiedener Weiher und Tümpel. Ein rund 30 Aren grosser Teich wurde zur Karpfenzucht angelegt, in unmittelbarer Nachbarschaft finden sich mehrere fischfreie Gewässer. Diese dienen jenen Amphibienarten, deren Larven gerne von Fischen gefressen würden, als sicheres Fortpflanzungsgewässer. In der Umgebung der Teichanlage wurden auf rund zwei Hektaren ausgedehnte Nass- und Feuchtwiesen sowie Hecken angelegt, die Lebensraum für viele Arten bieten. Dazu wurden zahlreiche Kleinstrukturen wie Steinhaufen, Trockenmauern und Asthaufen angelegt, die unter anderem wertvolle Verstecke für das Hermelin und den Iltis ergeben.
In der Tradition der Mönche von St. Urban
Mit der Anlage eines Karpfenteichs belebte der Verein «Karpfen pur Natur» eine einst im Dreieck der Kantone Aargau, Bern und Luzern weit verbreitete Tradition wieder. Die von Zisterzienser-Mönchen des ehemaligen Klosters St. Urban gepflegte Teichwirtschaft, die mit der Aufhebung des Klosters 1848 verschwand. Das Interesse der Mönche an der Karpfenzucht war dem Umstand geschuldet, dass es ihnen gemäss einer Ordensregel untersagt war, warmblütiges Fleisch zu essen. Als Ersatz bereicherten Fische die klösterliche Kost.
2011 wurden im Eichmattweiher erstmals Karpfen ausgesetzt. Damit war der Weiher im Wilitäli nach dem Äschweiher St. Urban, dem Houteweiher Altbüron und dem Grüenbodeweiher Pfaffnau der vierte Weiher, den der noch junge Verein «Karpfen pur Natur» in kurzer Zeit realisieren konnte. Mit dem Gfillmoosweiher Rothrist, dem Wildbergweiher Fischbach, dem Fluebergweiher Melchnau sowie dem Dürlefweiher Roggliswil reihten sich bis heute vier weitere Karpfenweiher in die «Teichperlenkette» ein. Nach dem Spatenstich im April 2021 und wetterbedingten Verzögerungen soll mit dem Hohriedweiher westlich von Pfaffnau im nächsten Jahr bereits der neunte Teich mit Karpfen bestückt werden. In Pfaffnau und St. Urban hat der Verein «Karpfen pur Natur» aktuell zwei weitere Projekte in der Pipeline.
Allen Erfolgen zum Trotz: Dem Verein machen gesetzliche Vorgaben zunehmend zu schaffen. «Je nach Standort muss Ersatz für Fruchtfolgeflächen geschaffen werden – oder der Aushub darf nicht in der Umgebung verwendet, sondern muss abtransportiert werden», erklärt Steffen. Dadurch würden weitere geplante Bauten stark verteuert.
Das sei schade, findet Steffen, denn mit einer grösseren Anzahl an Teichen wäre es möglich, die isolierten Feuchtgebietsreste mit neuen Trittsteinen zu verbinden. Trittsteine, die es gefährdeten Amphibien und Reptilien ermöglichen würde, wieder miteinander in Kontakt zu treten.
Der Eichmattweiher ist zum Naturparadies geworden
In den zwölf Jahren seines Bestehens hat sich der Eichmattweiher zu einem veritablen Hotspot der Biodiversität entwickelt. Bereits während der Bauphase trat etwa das gefährdete Warnstorfs Sternlebermoos auf, auch die Moorbinse, zu deutsch Frauenhaargras, ist nach wie vor beim Weiher zu finden. Zu den bisher beobachteten Amphibien der Gewässer zählen: Erdkröte, Grasfrosch, Wasserfrosch, Fadenmolch und Bergmolch. Besonders für Vögel ist der Eichmattweiher ein Naturparadies geworden. «Wir haben sicher schon 90 Vogelarten auf dem Areal gesichtet», sagt Adrian Wullschleger, Co-Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Vordemwald, der sich oft am Weiher aufhält und sich für seine Schätzung mit den beiden Brittnauer Ornithologen Carole und Sämi Wagner abgesprochen hat. So liessen sich im Sommer bei heissen Temperaturen jeden Abend Schwalben, Mauer- und Alpensegler beobachten, die zum Wassertrinken zum Weiher kommen. Beobachtet hat Wullschleger auch Watvögel wie Bruchwasserläufer oder Bekassine auf dem Durchzug. Eine Riesenrarität sei die Zwergschnepfe, die sicher seit drei Jahren Wintergast im Eichmattweiher sei. Ein besonderes Schauspiel biete jeweils die Beutelmeise, wenn sie die winzigen Samen aus den Rohrkolben herauspicke. Dieses Jahr hätten Zwergtaucher und Sumpfrohrsänger erstmals im Weiher gebrütet. Zudem dürften in der Zwischenzeit gegen 20 verschiedene Libellenarten im Gebiet leben.
«Das Areal rund um den Eichmattweiher hat sich wunderbar entwickelt», sagt Wullschleger, und die weitere Veränderung werde mit Bestimmtheit weitere Arten anlocken.
Doch zurück zu den Karpfen. In die Teiche werden einjährige Karpfen eingesetzt, in der Regel werden die Karpfenteiche alle zwei Jahre abgefischt. Dann haben die Fische etwa eine Grösse von rund 40 Zentimetern und ein Gewicht von rund 1,5 Kilogramm erreicht. Auf den Tisch kommen sie vorwiegend im Restaurant Löwen im bernischen Melchnau. Das nächste Abfischen am Eichmattweiher ist für das kommende Jahr vorgesehen. Nach dem Abfischen verbleibt ein kleines Restgewässer, damit der Graureiher den Teich leerfischen kann. Anschliessend wird der Teich mindestens einen Monat lang ganz trockengelegt, damit sich der Boden wieder mineralisieren kann, bevor er gegen Weihnachten langsam wieder aufgefüllt wird.