
Ein Ex-Kiffer alleine gegen das Gericht: Positive THC-Tests wegen zu viel Ausdauersport?
Als Hanspeter T.* im Dezember 2016 von der Polizei angehalten wurde, gab es keinen Zweifel. Der Mann hatte gekifft. Das konnten nicht nur die Polizisten im Auto riechen, das bewies auch der Test im Spital.
T., eine ehrliche Haut, bestritt nie, vor seiner Autofahrt den Joint geraucht zu haben. Er verlor den Fahrausweis für mehrere Monate. Zurück erhielt er ihn nur unter einer Bedingung: Die Motorfahrzeugkontrolle (MFK) fordert Cannabisabstinenz. Monatlich muss der Stellensuchende seither eine Urinprobe abgeben, um zu beweisen, dass er fortan ohne das Kiffen leben – und vor allem Auto fahren – kann.
Ein Jahr nach der vermeintlichen Verkehrskontrolle aber staunte T. doch, als er von seinem Hausarzt erfuhr, dass die Proben im Dezember 2017 und Januar 2018 positiv ausgefallen sein sollen. Die MFK nahm ihm den Fahrausweis sofort wieder ab. Vorsorglich.
«Ich gekifft?» Der joviale Mittfünfziger liess sich diesen Vorwurf nicht gefallen. Einen Anwalt fand er nicht – oder konnte ihn sich nicht leisten. Und so zog er alleine vor Gericht. Er hatte nämlich mitbekommen, dass sich einmal konsumiertes THC über Jahre im Fettgewebe speichert. Und wer viel Ausdauersport betreibe, bei dem könnten sich die im Fett gespeicherten THC-Metaboliten angeblich auflösen und über den Urin ausgeschwemmt werden.
Als T. die Theorie hörte, machte es bei ihm «klick»: Just im Moment der positiven Tests hatte der frühere Spitzensportler, der inzwischen einige Kilos zugelegt hatte, Gas gegeben: Rudern, Velofahren, Joggen – und das alles mehrmals wöchentlich. Der korpulente Mittfünfziger (1,85 Meter gross, 135 kg schwer) nahm rasch ab. 20 Kilogramm in zwei Monaten.
Ist das Abnehmen also schuld an den positiven Proben? Für solche Theorien hatte die MFK kein Gehör.
Ein Telefon genügt nicht
Nun aber hat der hartnäckige Hanspeter T. doch Recht erhalten. Vorläufig zumindest. Die Richter am Solothurner Verwaltungsgericht haben entschieden, dass der Mann seinen Fahrausweis per sofort wieder zurückerhält.
Ob er wirklich gekifft hat oder doch nur abgenommen hat? Das wissen auch die Richter nicht. Sie haben lediglich entschieden, dass die MFK nicht genügend abgeklärt hat, ob die Theorie des Mannes stimmen könnte. Die MFK hat lediglich bei einem rechtsmedizinischen Institut telefonisch nachgefragt, ob die Theorie stimmen könne. «Nein», fand man dort.
Damit geben sich die Solothurner Richter nicht zufrieden. Sie haben gegoogelt und bemerkt, dass sich diverse anderslautende Thesen finden, die unter den gegeben Umständen eine Veränderung von Messwerten als plausibel erachten lassen, schreiben die Solothurner Richter in ihrem Urteil.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass Hanspeter T. recht habe, befanden sie nach ihrer kurzen Internetsuche. «Eine fundierte Auseinandersetzung mit den Einwänden des Beschwerdeführers zur Wahrung des rechtlichen Gehörs fand nicht statt», werfen sie nun der MFK vor. Ein Telefon reiche nicht. Der MFK-Entscheid müsse nachvollziehbar, also schriftlich sein. Nun soll ein Gutachten zeigen, ob Hanspeter T.s These stimmen kann.
Für T., der den Fahrausweis für die Stellensuche benötigt, war das langwierige Verfahren wohl zum Haareraufen. Bald wird er eines seiner grauen Haare für eine THC-Langzeitprobe hergeben müssen. Er ist sich sicher, dass er clean ist. Im März, April und Mai waren alle seine Proben wieder negativ.