
Ein Rekordjahr fürs 1000er-Stägeli – auch was die Abnutzung angeht GALERIE
Hans Schürch, Mitglied der sechsköpfigen Arbeitsgruppe «Unterhalt 1000er-Stägli» machte anhand des Zählerstandes gemeldet durch die installierte Lichtschranke für den Wiggertaler/Allgemeinen Anzeiger folgende Milchbüchleinrechnung: «Vom 1. Januar bis am 31. Dezember 2019 gab es insgesamt über 150 000 Bewegungen. Zieht man die etwas mehr als ein Drittel Treppenabsteiger ab, die einen zusätzlichen Kontakt auslösen, dann ergibt das rund 90 000 Personen, welche die 1150 Stufen hinauf meisterten.» Multipliziert man die Benutzerzahl mit 1150, haben alle Benutzer zusammen rauf und runter 172 500 000 Tritte bewältigt und die 90 000 Personen beim Aufstieg gemeinsam 103 500 000 Stufen bezwungen.
Das «Tuusigerstägli» – ein Relikt aus dem Jahre 1896 und seit 1987 wieder begehbar – liegt voll im Trend und wird seit vielen Jahren von einem Freiwilligentrupp Woche für Woche und bei Bedarf mit zusätzlichen Einsätzen hervorragend unterhalten. Die Arbeitsgruppe besteht aus Berti Reichert (87 Jahre alt), Hans Schürch (73), Bruno Zaugg (83), Fritz Sigrist (79), Guido Vonäsch (72) und Rolf Wullschleger (71). Das Sextett ist sehr gut aufeinander eingespielt. Viel Lebenserfahrung und viel Berufserfahrung treffen da aufeinander. Die homogene Gruppe ist für das Stägli so etwas wie das «Lebenselixier». Der Massenandrang sorgt nämlich für eine enorme Belastung der Stufen. Ohne den Dauereinsatz der Freiwilligen wäre die Treppe in einem maroden Zustand. Abgenützte und von Witterungseinflüssen beschädigte Stufen müssen laufend ersetzt, neu mit Armierungseisenstäben befestigt und mit Juramergel hinterfüllt werden. Noch eine einzige Stufe ist ein «Original vo anno dazumal».
Stellvertretend für die vielen Komplimente und Dankesworte an die Arbeitsgruppe …
… die Aussage des bald 82-jährigen Rothristers Dimitrios Ntinis, der das Stägli mehrmals pro Woche, manchmal mehrmals am Tag bezwingt: «Beim Treppensteigen fühle ich mich aktiv, spüre dabei insbesondere meine Beine und merke, dass ich meinem Körper damit etwas Gutes tue. Ausserdem kann ich die Ruhe oder Aussicht geniessen und auch dank der konzentrationsfördernden körperlichen Aktivität, die das Gehirn mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt, im Alltag profitieren. Ich danke dem tollen Arbeitsteam, dass sie das Stägli so gut unterhalten.»
Alle hundert Tritte zeigen Täfelchen an, wo man steht, und zuoberst gibts sogar verbalen Applaus: «Bravo!», lobt das letzte Schild. – Wer nach dem halbstündigen – ganz «Verrückte» schaffen den Aufstieg locker deutlich unter zehn Minuten –, noch ein wenig Alpenpanorama braucht, geht oben links, dem gut beschilderten Weg nach in Richtung Hägendorf. Nach wenigen Minuten erreicht man das «Känzeli», einen Aussichtspunkt mit einer vom Rothrister Heimatverein gesponserten Panoramatafel und genialem Weitblick – bei optimaler Fernsicht bis in die Alpen.
«Born-Hörbis» Vermächtnis fürs Volk und die Gesundheit
Dass die Bornstiege, die bereits im Jahre 1896 gebaut wurde und entlang der Druckleitung des einstigen Hochdruck-Speicherkraftwerkes Ruppoldingen führte, überhaupt begehbar ist, ist dem 2001 viel zu früh verstorbenen Aarburger Informatiker und Idealisten Herbert Scheidegger, alias «Born-Hörbi», zu verdanken. Als der Arzt Herbert Scheidegger viel frische Luft und körperliche Arbeit verordnete, da wurde im Kopf des naturverbundenen Menschen die Idee Sanierung des «Tuusigerstäglis» geboren. Ein gewaltiges Vorhaben, das vorerst als Aprilscherz die Runden machte. Am 1. April 1986 setzte «Hörbi» den ersten von insgesamt 1144 Holztritten, in den steinernen Bornboden. Die 80 Zentimeter langen Rottannen- und Buchenspälten wurden mit 50 Zentimeter langen Armierungs- und Winkeleisen befestigt. – Bald schon begann das ehrgeizige Vorhaben Konturen anzunehmen. Wie oft «Hörbi» mit seiner «Holztransporthutte» (Räf) am Rücken – Marke Eigenkonstruktion – getragen, ins Basislager runter stieg um neue Treppenstücke zu holen, das wusste er selbst nicht. Körperlich erging es ihm, der sich einer schweren Operation unterziehen musste, jedenfalls von Tag zu Tag besser. Begreiflicherweise wurde auch der Appetit wieder gut. Am 29. April 1987 hatten es Scheidegger und seine treuen Wegbegleiter geschafft, haute er doch persönlich die letzten beiden Armierungseisen für den damals 1144. Treppentritt in den Boden. Leider war die Hoffnung auf «Hörbis» vollständige Genesung zu optimistisch: 2001 musste der liebenswerte Naturmensch die Himmelsleiter besteigen, als er vom Schöpfer für immer zu sich geholt wurde.