Ein Rezept für direkte Demokratie

Verschiedentlich berichteten deutsche Medien über das Ergebnis der Hornkuh-Initiative. «Das ist wieder ein Grund mehr, Volksabstimmungen nach Schweizer Modell abzulehnen», verschaffte eine deutsche Facebook-Userin ihrem Ärger Luft. «Da stimmen Leute über etwas ab, worüber sie sich wahrscheinlich vorher noch nicht einmal richtig darüber informiert haben.»

Wahr ist das Gegenteil: Die Initiative wurde abgelehnt, gerade weil sich die Leute informiert haben und sich nicht nur von Emotionen haben leiten lassen, auch wenn es durchaus Pro-Argumente gab. Die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in der Schweiz hat die direkte Demokratie im Blut. Man hinterfragt, reflektiert, wägt ab, entscheidet sorgfältig, ohne sich wesentlich durch reisserische Plakatkampagnen beeinflussen zu lassen. Auch Ländern wie Deutschland ist eine direkte Demokratie mit Volksentscheiden zu wünschen. Aber: Direkte Demokratie lernt man nicht von heute auf morgen. Die politische Stimmung in Deutschland ist aufgeheizt. Ein Volk, welches populistischen Parteien wie der AfD am rechten und den Linken am entsprechenden Rand einen nicht kleinen Teil der Stimmen gibt, läuft die Gefahr, sich bei Volksentscheiden zu sehr von Emotionen beeinflussen zu lassen, was auch für die dortigen Politiker völlig normal ist. Die Debatten im Deutschen Bundestag leben von Versuchen, einander niederzubrüllen und einzuschüchtern. Unser Parlament gleicht im Vergleich dazu einer Klosterschule. Das Reflektieren und eine gewisse Konsensorientierung sind Voraussetzung für eine funktionierende direkte Demokratie. Möglich ist aber, dass Volksentscheide mit der Zeit genau diese Voraussetzungen schaffen würden.