
Eine mörderische Kreuzfahrt in höchsten Tönen
«Meine Damen und Herren, Sie sind bei uns auf dem Kreuzfahrtschiff in besten und garantiert desinfizierten Händen», begrüsst der Kapitän der MS Opera das Publikum. Figura zeigt: Er und das Ensemble mit Berufsmusikern bei Orchester und Solistinnen und der gut gelaunte Chor zeigen sich der schwierigen Lage dank ihres schlagenden Humors jederzeit gewachsen. Und wirklich: Viel Neckisches durchzieht in der Folge die wunderbar unterhaltende Darbietung.
Rebecca (Silke Gäng), die Polizistin, steht offenbar unter Druck, undercover an Bord einen gewissen José Lizarabengoa dingfest zu machen, der sich hier inkognito eingeschlichen hat. Sie wirft sich an die auf dem Schiff als Opernsängerin verdingte Aline heran. So überdreht die kurzsichtige Agentin agiert, so leidenschaftlich ihr Widerpart, die Künstlerin lamentiert. Dass alles drunter und drüber geht, ist angesichts der ereignisreichen Handlung garantiert. Die beiden führen sich gleich deftig mit kraftvollen Arien aus Verdis Trovatore und der Gesangsnummer Hijo de la Luna ein und kosten ihr Können mit Schwung und Herz aus. Während der Chor sich mit «Ich war noch niemals in Nowew York» mit einer Udo-Jürgens-Schmonzette weit weniger exaltiert, doch nicht minder vital zu Wort meldet. Was nicht selbstverständlich ist, singt er doch im Gegensatz zu den Solistinnen stets maskiert.
Das mit Mund- und Nasenschutz versehene Publikum wird gleich zu Beginn schon aus den Stühlen gerissen. Matrose und Frauenheld Silvio macht auf humoristische Art den Vorturner bezüglich Sicherheitswesten. Derweil sucht die Rebecca, wie sie der Aline sagt, nach einem Mann. Diese spielt darauf stets auf deren Begehr an, ohne im Geringsten zu erahnen, worauf die kurzsichtige Blonde genau aus ist. Aber auch die Rebecca weiss nicht, dass die Aline sich nach der Cabaret-Tänzerin Lola verzehrt. Ja, und dann geschieht der erste Mord an Bord. Was bei den Frauen zu manchen Gefühlswallungen führt, derer sie sich in so mancher Arie Luft verschaffen müssen.
Die Verdi-Arien und Bizet-Schmachtstücklein haben es in sich. Da steckt viel Pfeffer und gesangliche Qualität drin. Aufgeheitert von witzigen Einfällen im Schauspiel erliegt das Publikum dem Charme dieser zauberhaften Klänge ohne Gegenwehr. Der Gesang ist überirdisch schön, die Motive der Protagonisten irdisch. Also ganz und gar operngerecht. Den Mörder kann die Rebecca dank eines Handyfotos dingfest machen und sie überführt auch den flüchtigen José alias Sepp Liechti aus Solothurn.
Wunderbar ausgewogene Inszenierung
Derweil verbleibt sie bis Neapel auf dem Schiff. Die spanischen und italienischen Melodien verzaubern auf dem weiteren Weg, das Orchester mit den Musikerinnen Helene Feichtl (Violine), Ursula Hächsler (Violoncello), Marco Bätscher (Klarinette) und Kiyomi Higanki (Klavier) untermalen Gesang und Handlung mit Stil und Verve. Ruggiero Leoncavallo trägt manch wunderbare Arie bei. «La via en rose» von Edith Piaf darf zu den Höhepunkten des Abends gezählt werden.
Damit wäre ja alles zum Besten bestellt. Wenn sich nur nicht Rebeccas frisch eroberter Liebhaber mit Alines Augenstern Lola eingelassen hätte. Zu welch Dramen das führt, muss man hören und sehen. Die Inszenierung hält ein Ensemble in bester Spiellaune bereit. Eine haarsträubend gute Handlung, mit Gespür arrangierte Musik und gefühlvoller Gesang rollen den roten Teppich aus. Anspielungen, Überraschungsmomente und belustigende Gefühlsausbrüche sorgen für zusätzlichen Glamour.
Die stimmungsaufhellende Krimioper «Mord auf der MS Opera» muss man sich einfach gönnen.