
Eine Schnapsidee vom Maiengrün: Dieser Freiämter zeigt seine heiligen Hallen
Es riecht herb-süss in der Halle der Unterdorfstrasse 10. Vor dem Haus hilft Daniel Röthlisberger einem Kunden, drei Fässchen Williamsbirnenmaische vom Anhänger zu hieven. Drinnen versieht sein Schwiegervater die viereckigen Flaschen mit schwarzen Deckeln.
Und im Ausstellungsraum warten die Brände in verschiedenen Grössen auf Kundschaft. «Im Moment habe ich erst etwa 20 Sorten», sagt Röthlisberger. Zwetschgen, Aprikosen, Mirabellen, Quitten und natürlich Birnen und Äpfel in verschiedenen Variationen. Alles Schweizer Früchte, am liebsten alte Sorten, sagt der Brenner.
Schon als Kind war er vom Brennen fasziniert
Ebenso wie die Sorten, die er am liebsten brennt, ist auch seine Faszination für das Handwerk alt. «Als Kinder sind wir im Sommer immer auf Kirschbäume geklettert und haben Unmengen von Kirschen gesammelt, viel mehr, als wir essen konnten. Mein Vater fand es schade, die Früchte kaputt gehen zu lassen, also hat er sie zu Schnaps gebrannt – ebenfalls viel mehr, als er gebraucht hätte», lacht Röthlisberger. «Schon damals fand ich das Brennen spannend.» Doch es vergingen viele Jahre, bis der 48-jährige gelernte Werkzeugmacher, der später um die ganze Welt flog, um für seine Firma im technischen Handel die günstigsten Angebote einzuholen, sich seinen Kindheitstraum erfüllte.
«Nach 20 Jahren hatte ich die Schnauze voll», sagt der Wohler. Zur gleichen Zeit spielte der Villmerger Brenner Werner Steinmann mit dem Gedanken, seine Brennerei abzugeben. Aber er fand einfach keinen Nachfolger (die AZ berichtete). Wie es eben sein sollte: Die beiden trafen sich. «Er meinte, das wäre doch etwas für mich», erinnert sich Röthlisberger. Sie kannten sich schon lange, da schon Röthlisbergers Vater seinen Schnaps bei Steinmann hatten brennen lassen. «Ich redete mit meiner Frau Barbara, die überlegte es sich gut und war am Ende einverstanden», freut er sich.
Nur die besten Früchte geben den besten Schnaps
Also suchte er ein Gebäude für seine neue Brennerei und landete in Hägglingen. «Es gab sehr viel zu tun, aber mit der Hilfe von Familie und guten Freunden, allen voran meiner Frau, habe ich es geschafft.» So konnte die Maygreen-Destillerie, deren Name sich hörbar vom Aussichtsberg des Dorfes ableitet, unter Dampf genommen werden. Bereits in der ersten Saison, von Januar bis Juli 2019, hat er 100 Tonnen Früchte gebrannt, davon viele für seine Kunden, andere als Eigenbrand für seinen Laden, Restaurants und künftig auch Bars aus der Umgebung, hofft er.
Röthlisberger ist nur eines wichtig: Qualität. «Früher hat man die schönsten Früchte gegessen, die angedellten vermostet und das angefaulte Fallobst gebrannt. Da muss man sich nicht fragen, warum die Schnäpse von damals einfach nur stark, aber nicht fein waren. Ich sage meinen Kunden, wenn sie einen richtig guten Schnaps wollen, sollen sie auch nur jene Früchte ins Fass geben, die sie Gästen auf den Früchteteller legen würden.»
Eine andere Art von Weihnachtsgeschichte
Röthlisberger macht auch Alkoholprävention. «Schnaps ist ein Genussmittel. Alkohol sollte nicht gesoffen werden, sondern mit Genuss getrunken.» Er selbst trinkt in der Brennhalle keinen Schluck, sondern testet mit der Nase. Von seinem Beruf als Betreuer kennt er die Auswirkungen von Alkoholsucht.
Drum erzählt er: «Als ich beim Umbau war, kamen junge Leute vorbei und fragten, ob es möglich wäre, eigenen Schnaps zu brennen. Ich sagte ihnen, sie sollen mit dem Velo ums Dorf fahren und Zwetschgen von den Bäumen probieren. Beim besten Baum sollen sie den Bauern fragen, sie würden sich sicher einig.»
Tatsächlich brachten sie die Maische nach Röthlisbergers Vorgaben und erhielten ihren eigenen Zwetschgenschnaps. «Später stellten sie durch Zugabe von Zimt und Dörrzwetschgen eigene Weihnachtsschnäpsli her. Diese saufen sie nicht einfach, sondern holen sie nur zu speziellen Gelegenheiten hervor. Das ist aus meiner Sicht auch Alkoholprävention, denn sie lernen das Genuss- statt das Suchtmittel kennen.»
Zum Schweizer Brennertag «Die Schweiz brennt» öffnet Röthlisberger nicht nur seine Brennerei und erklärt die Destillerie, sondern bietet einen Sensorik-Parcours und eine Degustation an. Das Speziellste seiner Wässerchen ist ein Wildkirschen-Schnaps. Ab dem Frühling will er auch Gin herstellen. «Und ich habe noch viele weitere Ideen.»