Elektroautos statt Benziner in Reitnau?

 

Die Ansichten der Politiker über Sinn und Unsinn des Reitnauer Bergrennens  gehen nach dem Unfall auseinander.

Die traditionsreichen Bergrennen der Schweiz sind zuletzt in den öffentlichen Fokus gerückt. Nach zwei Zwischenfällen in den vergangenen drei Wochen ist eine emotionale Debatte über Sinn und Unsinn von solchen Autorennen entbrannt. Erst verunglückte der britische TV-Star Richard Hammond bei einer Showfahrt am Hemberg in St. Gallen. Und am Sonntag musste das Bergrennen Reitnau im Aargau nach dem schweren Unfall von Profi-Fahrer Chris Steiner vorzeitig abgebrochen werden.

Wie stehen Politiker zum Motorsport-Event des Jahres im Aargau? SP-Grossrat Jürg Caflisch ist kein Fan von aufheulenden Motoren und quietschenden Reifen. Trotzdem könne er die Faszination von Autorennen ein Stück weit nachvollziehen, sagt der VCS-Aargau-Präsident. Damit der Sport nicht auf Kosten der Umwelt ausgeübt werde, müsse das Konzept überdacht werden. Konkret schwebt Caflisch vor, dass zukünftig nur noch Elektroautos am Bergrennen in Reitnau teilnehmen dürfen. «So könnte man den Sportsgeist weiterhin ausleben, ohne dabei die Atmosphäre zu verschmutzen und Lärm zu machen.»

Thierry Burkart ist Stammgast

Einige Leserinnen und Leser können nicht verstehen, warum solche Rennen überhaupt bewilligt werden. User «Exprelia» schreibt in einem Kommentar: «Die Unfall- und Pflegekosten werden auf die Allgemeinheit verteilt. Es gibt leider noch sehr viele Leute, welche diesen Unsinn mit Eintrittsgeldern unterstützen.» Und «E. Messer» ergänzt: «Hoffentlich lernt der Unglückliche daraus, dass mit seinem postpubertären Töfflibuebe-Hobby auch Risiken verbunden sind.»

FDP-Nationalrat und TCS-Aargau- Präsident Thierry Burkart ist Stammgast beim Bergrennen in Reitnau. Er bedauert, dass nach dem tragischen Unfall ein Traditionsanlass infrage gestellt wird, der einen grossen Rückhalt in der Region geniesse. In Sachen Sicherheit verteidigt Burkart die Organisatoren: «Die Zuschauer werden sehr gut geschützt und die Gefahr für den Fahrer hat sich mit den hohen Sicherheitsmassnahmen merklich verringert, sodass Unfälle heute kaum noch tödlich enden.» Der Motorsport sei trotz allen Vorkehrungen weiterhin mit Risiken verbunden.

Kritik von Grünen-Präsident

Daniel Hölzle, Präsident der Grünen Aargau, stört sich mehr am gesellschaftlichen Einfluss des Bergrennens Reitnau als an mangelnder Sicherheit. «Es sollte heutzutage um umweltverträgliche Mobilität und Effizienz gehen. Solche Rennautos fördern jedoch die Haltung zu Sportwagen mit viel PS, die eine grosse Belastung für die Umwelt sind.» Den Anlass bezeichnet er als «unsinnig» und «überflüssig». Müssen die Motorsportfans nun einen Vorstoss von Hölzle zur Abschaffung des Bergrennens in Reitnau befürchten? «Nein, dies zu fordern, macht keinen Sinn, da es chancenlos wäre.»

Eine ganz andere Ansicht vertritt der bekennende Motorsportfan Ueli Giezendanner. Der SVP-Nationalrat wollte vor Jahren das Verbot von Rundstreckenrennen in der Schweiz aufheben, scheiterte mit seinem Vorstoss aber zweimal im Parlament. Angesprochen auf die Befürchtungen von Hölzle, erwidert er: «Es spielt doch keine Rolle, wenn einmal im Jahr einige leistungsstarke Autos den Berg in Reitnau hochfahren.» Und schiebt hinterher: «Wir lassen uns den Spass garantiert nicht nehmen.»