
EMK feiert Jubiläum: «Wir leben einzig von den Spenden»
Gegen gesellschaftliche Missstände wie Sklavenhandel, Kinderarbeit oder unmenschliche Behandlung von Strafgefangenen kämpfte der anglikanische Pfarrer John Wesley (1703–1791) in England, Schottland und Irland. Der Brite löste im 18. Jahrhundert eine Erneuerungsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche aus. Wesley war Begründer diverser Bildungseinrichtungen für Kinder und Erwachsene und der methodistischen Bewegung. Die Evangelisch-methodistische Kirche, kurz EMK, gehört in der Schweiz seit 150 Jahren zur Kirchenlandschaft und ist weltweit in zahlreichen Ländern vertreten. In der Schweiz gehören 108 Gemeinden mit rund 8400 Kirchengliedern und Freunden dazu. In der Region sind in Rothrist und Zofingen zwei grosse Gemeinden vertreten. In Bottenwil, Strengelbach, Muhen und Olten treffen sich kleinere Gemeinden. Gunnar Wichers ist seit drei Jahren Pfarrer in Zofingen und Strengelbach. Der 57-Jährige über Mitgliederschwund und seine Motivation.
Herr Wichers, weniger Gläubige, massiv weniger Taufen und Heiraten: In reformierten und katholischen Kirchen bröckelt die Basis. Wie sieht das bei der EMK aus?
Gunnar Wichers: Wenn wir auf die Schweiz und die westlichen Länder schauen, dann gibt es seit Jahren immer weniger Methodistinnen und Methodisten, wenn auch nicht in dem Ausmass wie bei den Landeskirchen. Das gilt auch für die EMK Zofingen. Andererseits habe ich in den letzten drei Jahren wieder mehr Kinder getauft und Trauungen gehalten. Wenn wir auf Asien und Afrika schauen, teilweise auch Osteuropa, dann sehen wir ein anderes Bild. Dort gehören immer mehr Menschen zur EMK. Da wir eine weltweit organisierte Kirche sind, sehen wir nicht nur die lokale Situation.
Was machen Sie anders?
Ich erlebe, dass die Identifikation mit der eigenen Gemeinde sehr hoch ist. Einen grossen Stellenwert hat die freiwillige Mitarbeit. Viele Menschen, die zur EMK halten, arbeiten in irgendeiner Weise in der Gemeinde mit. Das verbindet. Auch die familiäre Atmosphäre will ich nennen. Man kennt sich, weiss voneinander und trägt einander, auch im Gebet. Als EMK leben wir einzig von den Spenden der Kirchenglieder und Freunden. Wir kennen keine Kirchensteuer. Das Gehalt der Pfarrperson wird durch Spenden aufgebracht. Wenn ein Projekt ansteht, das Geld kostet, können wir es nur verwirklichen, wenn die Gemeindeglieder dahinter stehen und das Geld aufbringen. Das fördert ebenfalls die Identifikation.
Die EMK Zofingen und Strengelbach feiert das 150-jährige Bestehen. Wie kam es, dass 1953 auch in Strengelbach die Johanneskirche ihre Türen aufgesperrt hat?
Die ersten Prediger der damaligen Evangelischen Gemeinschaft kamen 1868 nach Zofingen und Strengelbach, mieteten Räume und hielten christliche Versammlungen ab. Bis 1952 traf sich eine Gemeinde der EMK Strengelbach, die von Zofingen aus betreut wurde, in einem Saal auf dem Gelände der Firma Müller-Textil. Es kam der Wunsch auf, eine eigene Kirche zu bauen und am 4. Januar 1953 wurde die Johanneskirche eingeweiht.
Aber auch die EMK bemerkt einen Schwund. Bleiben Zofingen und Strengelbach getrennte Standorte?
Auf absehbare Zeit bleiben Zofingen und Strengelbach als Gottesdienststandorte erhalten. Die Gottesdienste unterscheiden sich, sprechen ein unterschiedliches Publikum an. Wer klassische Musik liebt und aus dem Kirchengesangbuch singt, kommt gern in die Johanneskirche. Wer modernere Musik und Lieder schätzt, kommt gern in die EMK Zofingen. So gehören wir zusammen im Glauben an Jesus Christus, aber die Art, wie jede Gemeinde diesem Glauben Ausdruck gibt, ist verschieden. Beides hat seinen wichtigen Platz.
Wie kamen Sie zur EMK?
Ich bin in der EMK in Hamburg aufgewachsen. Dort habe ich sie als eine Kirche schätzen gelernt, die für mich zwei wichtige Aspekte lebt, die zusammengehören: Der Glaube an Jesus Christus und das eigene Denken. Im Glauben haben auch der Zweifel und das eigene Suchen nach Antworten, die in der EMK nicht allgemeingültig vorgegeben sind, Platz. Die EMK verstehe ich als eine Lerngemeinschaft, in der wir miteinander ringen, wie Glaube im 21. Jahrhundert gelebt werden kann. Das Bild der Lerngemeinschaft gefällt mir, und diese Kultur will ich als Pfarrer fördern.
Ist Pfarrer sein Ihre Berufung?
Während eines Gottesdienstes habe ich das Bedürfnis verspürt, das Gleiche zu tun wie der Pfarrer, der vorne auf der Kanzel stand. Das war gewissermassen meine Berufung. Mit 21 Jahren habe ich mich dann entschieden, die theologische Fachhochschule der EMK in Reutlingen zu besuchen und mich zum Pfarrer ausbilden zu lassen. Seit 1986 bin ich Pfarrer.
Ein EMK-Pfarrer muss nach einer gewissen Zeit die Gemeinde wechseln. Dadurch gehen viele Kontakte verloren. Sie wurden von Bern nach Zofingen versetzt. Wo sehen Sie den Vorteil?
Sie haben Recht, viele Kontakte, die sich über Jahre aufgebaut haben, gehen so verloren. Den Vorteil des «Dienstzuweisungssystems» sehe ich darin, dass ich nach einigen Jahren neu anfangen kann. Irgendwann tut es gut, bekannte Wege zu verlassen und Neues zu wagen. Dazu kommt, dass ich als Pfarrer eine Persönlichkeit bin, die nie alle Kirchenglieder gleichermassen anspricht. Es tut auch einer Gemeinde gut, wenn alle paar Jahre eine neue Pfarrperson mit anderen Stärken, anderem Stil und anderen Schwerpunkten kommt.
Sonntag, 23. September, ab 9.30 Uhr Kaffee und Gipfeli in der EMK an der Sälistrasse 2 in Zofingen. 10.30 Uhr Festgottesdienst mit viel Musik. Danach Apéro und um 15 Uhr Irish folk-Konzert mit Sam Stauffer und Band.