
Er machte sein Hobby zum Beruf
Der letzte Schultag ist vorbei. Für Heinz Bryner war es der allerletzte in seiner langen Lehrerkarriere, denn er ging in Rente. Doch fast wäre alles anders gekommen. Eigentlich hatte er den klassischen Bubentraum: Er wollte Pilot werden. Doch die Umsetzung hatte einen Haken, nämlich seine Brille. Weil ihn das Fliegen jedoch so faszinierte, liebäugelte er mit einer Ausbildung zum Fluglotsen in Kloten. Doch sein damaliger Klassenlehrer in der 4. Bezirksschule in Aarau hatte etwas dagegen. «Er meinte, das käme nicht infrage», erzählt Heinz Bryner mit einem Lachen. Bryner schrieb laut seinem Klassenlehrer so gute Aufsätze, dass er ihm riet: «Du musst Lehrer werden.»
Heute blickt Heinz Bryner auf 45 Jahre als Lehrer zurück. 1974 fing er an der Realschule in Rothrist als Klassenlehrer an, wo er 16 Jahre blieb. Er unterrichtete Mathematik, Deutsch, Geschichte, Geografie, Physik, Werken, Musik und Sport. Im Nebenamt belegte er den Posten als Leiter der Musikschule Rothrist, die er als Gründungsmitglied mit anderen aufgebaut hatte. Seit Beginn seiner Lehrerkarriere war ihm im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern eines wichtig: «Ich wollte ihnen stets Mut machen, sie ernst nehmen und unterstützen», so der 65-Jährige. Nach seinem Zweitstudium Musik am Konservatorium in Zürich konnte er diese Werte vermehrt mithilfe seiner Leidenschaft, der Musik, vermitteln.
Als Lehrer sei er eher ein «Erklärbär» gewesen
Musik begleitet den zweifachen Vater bereits, seit er neun Jahre alt ist. Damals wie heute spielt er begeistert Klavier. 1990 fing er schliesslich an der Bezirksschule in Zofingen als Klassenlehrer und als Lehrer für Schulmusik an, wobei ihm im Musikunterricht vor allem auch die Liedtexte wichtig waren. «Mit Musik kann man Geschichten auf eine sehr spannende Art erzählen», weiss der zweifache Grossvater. Ausserdem sei ihm wichtig gewesen, den Kindern auch andere Stile näherzubringen.
Nebst dem Klavier spielen gehört auch das Singen zu Heinz Bryner. So gründete er bereits in seiner Zeit in Rothrist zwei Schülerchöre, in denen sich eine rege Auftrittstätigkeit entwickelte. Auch später in Zofingen organisierte er unzählige Auftritte und Konzerte. Vor allem freute es ihn, dass die Schülerinnen und Schüler dies in ihrer Freizeit taten: «Es ist schön, wenn die Schülerschaft mehr als das Nötige machen möchte.» Das habe ihn in seiner Arbeit stets bestätigt. Eine besondere Zusammenarbeit entstand mit dem Ammann-Da-Rozze-Trio. Mit ihm zusammen veranstaltete Bryner mit seinen Schülern gut besuchte Doppelkonzerte im Stadtsaal Zofingen.
Er beschreibt sich selber als einer der alten Schule. Er sei eher ein «Erklärbär» oder Chef als ein Coach. «Wenn ich noch weiter unterrichtet hätte, wäre es sicher eine grosse Umstellung geworden», meint der Beatles-Fan mit einem Schmunzeln. Als Chorleiter musste er die Stücke auswählen und konnte das nicht im demokratischen Stile der Schülerschaft überlassen. Häufig habe er sich dabei für Lieder entschieden, die die aktuelle Generation nicht gut kannte. Der Vorteil: Sie konnten sich ganz auf das Musikstück einlassen, ohne sich dabei von ihrer positiven oder negativen Einstellung zum Lied ablenken zu lassen.
Vom starren zum selbstbestimmten Alltag
Für die Zeit danach freut er sich, nicht immer so früh aufstehen zu müssen. «Ich hatte 45 Jahre einen starren Stundenplan. Nun freue ich mich darauf, dass jeder Tag anders wird», so Heinz Bryner. Ausserdem wird er auch weiterhin als freiwilliger Fahrer für das Schweizerische Rote Kreuz tätig sein, bei der er gesundheitlich beeinträchtige Mitmenschen zu ihren medizinischen Terminen befördert. Die vermehrte Zeit mit der Familie, im Haus und Garten wird er sehr geniessen. Natürlich wird er auch ohne die Institution Schule weiterhin mit der Musik verbunden bleiben. So kann man ihn auch weiterhin ab und an an der Orgel in der Kirche Rothrist hören oder an seinem eigenen Klavier, an dem er nun vermehrt auch Solostücke übt. Auch der Ehemaligenchor wird weiterhin seinen festen Platz im Freizeitprogramm von Heinz Bryner finden.
Nach 45 Jahren hat Heinz Bryner nach eigenen Rechnungen rund 3000 Schülerinnen und Schüler in zirka 45 000 Lektionen unterrichtet. Dafür fuhr er etwa 45 000 Kilometer mit seinem Fahrrad. Nun fängt ein neuer Lebensabschnitt an, den Heinz Bryner mit neuen Zahlen sicherlich wieder ausfüllen wird.