Erst die Postfilialen, dann die Postagenturen: Jetzt stehen auch einige von ihnen vor dem Aus

Wo in der Vergangenheit eine Postfiliale schloss, wurde sie oft durch eine Agentur ersetzt. Der Dorfladen oder die Gemeindeverwaltung betreiben dann dort einen kleinen Postschalter. Die postalische Grundversorgung wird damit sichergestellt, die zusätzlichen Aufwände der Agentur vergütet die Post. Der Kunde profitiert, je nachdem, von längeren Öffnungszeiten, die Agentur von zusätzlicher Laufkundschaft und die Post spart die Kosten einer eigenen Filiale. Als Win-win-Situation wurde diese Lösung lange angepriesen. Bis vor kurzem Kritik am Modell aufkam. Die Vergütung der Post für die Agenturen würde den «enormen zusätzlichen Aufwand nicht annähernd decken», berichtete die NZZ.

119 Postagenturen gibt es aktuell im Aargau. Der mit Abstand grösste Player ist Volg. Von dieser Seite gibt es keine Kritik. Die erbrachten Postdienstleistungen seien in der Regel kostendeckend, schreibt Volg auf Anfrage. Durch die Tatsache, dass man so viele Agenturen betreibe, könne man aber auch Kosten einsparen, teilt die Dorfladenkette weiter mit. Zum Beispiel dank besser planbaren Abläufen und Prozessen sowie internen Post-Schulungen für das Verkaufspersonal.

Insbesondere kleine Agenturen mit Problemen

Schwieriger ist das Betreiben einer Postagentur für kleinere Läden oder Gemeindeverwaltungen. So etwa die Lindenapotheke in Unterentfelden: «Die grössten Probleme sind der unberechenbare Zufluss der Kundschaft, die vielen Päckli aufs Mal und zum Teil ungeduldige Kunden», sagt Inhaber Andreas Brunner. Alles in allem geht die Rechnung für ihn, auch dank der zusätzlichen Laufkundschaft, knapp auf. Ähnlich tönt es aus Erlinsbach, wo die Gemeindeverwaltung die Agentur betreibt. «Die Entschädigung dürfte kostendeckend sein», schreibt die Gemeinde auf Anfrage.

Kritischer sieht man die derzeitige Situation in Eggenwil. Auch dort betreibt die Gemeindeverwaltung die Postagentur. Ausschliesslich aus Gründen des Service public und zu Gunsten der Bevölkerung tue man das, teilt Gemeindeschreiber Walter Bürgi auf Anfrage mit: «Eine Postagentur lohnt sich für eine Gemeindeverwaltung aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht auf keinen Fall», hält er fest.

Neues Vergütungsmodell bedroht die Agenturen

Das Problem ist dasselbe, das letztlich auch das Postfilialen-Sterben auslöste: Es werden immer weniger Briefe verschickt. Die Vergütungen durch die Post setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Der kleinere Teil ist ein fixer Betrag. Der grösste Teil der Vergütungen ist abhängig von den erbrachten Leistungen. Anders gesagt: Je stärker die Agentur genutzt wird, desto mehr Geld von der Post gibt es für die Gemeindeverwaltung. Rund 20’000 Franken Ertrag warf die Agentur in Eggenwil im Jahr 2019 ab. Das ist der tiefste Ertrag, seit die Agentur von der Gemeinde betrieben wird. Und dies trotz gleichzeitig wachsender Bevölkerung. Das geltende Vergütungsmodell wird laut Bürgi bis 2023 angepasst. Vergütet werden sollen nur noch tatsächlich erbrachte Leistungen. Mit dem neuen Modell würde sich die Entschädigung für die Gemeindeverwaltung auf rund 10’000 Franken halbieren. «In Anbetracht der stetig sinkenden Nachfrage nach Postdienstleistungen und des neuen Entschädigungsmodells macht sich der Gemeinderat gegenwärtig intensiv Gedanken darüber, ob die Postagentur in unserer Gemeindeverwaltung noch weiter aufrechterhalten werden kann», so Bürgi.

Anders sieht man dies bei der Post: «Wir sind überzeugt, dass wir mit dem neuen Vergütungsmodell unsere Partner aufwandgerecht entschädigen», schreibt Mediensprecher Oliver Flüeler auf Anfrage.