Es fing mit einem Winzer-Kurs an: Jetzt bringt dieser Oensinger seinen Wein an die Fête des Vignerons

18 Winzer hat es im Kanton Solothurn – die Bürgergemeinde ist mit Abstand am grössten

Wie viele Winzer es im Kanton Solothurn insgesamt gibt, diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Denn zum einen gibt es Winzer mit Wohnort im Kanton, deren Reben aber ausserhalb liegen. Und zum anderen werden Winzer erst ab einer Fläche von 4 Aren im Rebbaukataster erfasst. Wer einen kleineren Rebberg hat, braucht keine Bewilligung dafür.

Insgesamt 18 Winzer sind im Kanton erfasst. 14 davon haben ihre Reben im Kanton. Insgesamt 17 Hektaren werden mit Reben bewirtschaftet, sechs davon im Kanton, 11 ausserhalb. Die meisten Winzer machen dies nebenberuflich oder hobbymässig. Der mit Abstand grösste Player, mit rund 10 Hektaren Reben, ist die Solothurner Bürgergemeinde.

Am Winzerfest war Ruedi von Arx noch nie. «Das hat sich einfach nie ergeben», sagt er. Lange hat der Oensinger im Waadtland gearbeitet. Und ist dort so richtig auf den Geschmack von Wein gekommen. Zu seiner Pensionierung haben ihm Arbeitskollegen einen Winzer-Kurs geschenkt. Wenn schon, denn schon, dachte sich von Arx und pflanzte nach dem Besuchen des Kurses mitten in Oensingen selber Weinreben an. An einem Hang, umgeben von Einfamilienhäusern, Gärten, Garagen.

Das ist über 15 Jahre her. Und noch immer bewirtschaftet der heute 76-Jährige zusammen mit seiner Frau den kleinen Rebberg. Ein Winzer aus Twann macht ihnen daraus einen Rotwein, den Oenziger Wy. Zwischen 200 und 400 Flaschen schauen jährlich dabei raus. «Es ist eine schöne Arbeit, zusammen dort oben», sagt seine Frau Claire von Arx. «Aber langsam hängt es schon an. Wie lange wir es noch machen, wissen wir nicht.» «Solange wir noch Spass haben», ergänzt er. «Wenn ein Jüngerer kommt und Freude daran hat, kann er die Reben haben.»

Kein Hobby für sämtliche Lebenssituationen

Eine Nachfolge ist aber nicht in Sicht. Jemand mitten im Leben, mit Beruf und Familie, könne das nicht machen. Auf etwa 60 Arbeitstage beläuft sich der Aufwand, von Ende Januar bis zur Lese im September. Und bei diesem Hobby bestimmt die Natur den Takt, nicht der Terminkalender. «Wenn du Mehltau hast, musst du gehen. Dem sind deine Termine wurst», sagt er. Selbiges gelte für die Lese: «Wenn der Winzer sagt: Bring die Trauben, dann musst du in zwei Tagen die Leute zur Lese zusammen haben.» Jüngere Leute würden zwar auch gerne mithelfen. Doch die wenigsten können sich so auf die Schnelle einen Tag freischaufeln. Mittlerweile hat sich eine Gruppe pensionierter Bekannter gebildet, die Jahr für Jahr bei der Traubenlese hilft.

15 Jahre Wein angebaut, ein halbes Leben Affinität für den Rebensaft. Trotzdem: An der Fête des Vignerons war Ruedi von Arx noch nie. Bis jetzt. Wenn am 3. August der Kanton Solothurn seinen Gastauftritt in Vevey hat, ist er mittendrin.

Denn nicht nur besucht er das Fest, er bringt auch gleich seinen Wein mit. Er ist einer von drei ausgewählten Winzern aus dem Kanton, die das dürfen. Acht Flaschen bringt er nach Vevey, wo sie im Zelt des Kantons zur Degustation angeboten werden. Zusammen mit anderen kantonalen Besonderheiten, Passwang-Mutschli oder einer Solothurner Torte etwa. Für alle, die es wundernimmt, wie so ein Solothurner Wein schmeckt, sagt Ruedi von Arx. Denn: «Wir müssen nicht den Waadtländern, und dann erst noch denen aus dem Lavaux, zeigen, wie man Wein macht. Die haben vorzügliche Weine dort unten. Die sind etwas vom Besten, das man haben kann.» Aber vielleicht habe der eine oder andere Interesse, herauszufinden, ob man so einen Rotwein vom Jurasüdfuss trinken könne oder nicht.

Resistente Trauben – für eine Weile

Er selber findet seinen Tropfen ganz gelungen. «Aber ich bin natürlich nicht objektiv.» «Das ist unser Wein, wir können den nur gut finden», ergänzt sie. Ausserdem sei nicht jeder Jahrgang gleich gut. Ganz im Gegensatz zu den standardisierten Weinen von Weinhändlern, wie er weiss. Säure- und Zuckergehalt werden dort akribisch gemessen. «Und sobald sie eine Kombination haben, die dem Kunden mundet, wird der Wein alle Jahre gleich gemacht.» Eine richtige Alchemistenküche sei das. Nicht so bei ihm: Sein Wein entsteht auf traditionelle Weise. Jahr für Jahr ist er anders, je nach Wetter, je nach Schädlingen auch. Seine Trauben hätten eigentlich pilzresistent sein sollen. «Regent» nennt sich die Traubensorte, die er verwendet. Eine Zuchtsorte, die am Jurasüdhang gedeiht. Und eben resistent sein sollte.

Sollte. «Sechs Jahre lang hielt die Resistenz, im siebten ging sie flöten», erzählt er. Seither muss er regelmässig prüfen, ob seine Trauben nicht Mehltau haben. Denn wenn ein Pilz vorkommt, spritzt er ein Mittel mit Kupfer. «Den Arbeitsaufwand haben wir unterschätzt.» Dafür habe er aber begriffen: «Ein guter Wein kostet sein Geld.» Gerade wenn man davon leben müsse. Er und seine Frau müssen das nicht, sie machen den Wein als Hobby. «Aber verschleudern will ich ihn auch nicht», sagt er.

«Wir mussten lernen, zu warten»

Noch etwas anderes haben die beiden beim Weinbau gelernt, ergänzt Claire von Arx: «Nicht wir bestimmen, sondern die Natur. Wir mussten lernen, zu warten, Rücksicht zu nehmen.» Wenn die beiden sonst etwas unternehmen wollten, hätten sie es einfach getan. Nach ihrer Agenda, ihrem Zeitplan. «Wir hätten keine Bauern werden können», ergänzt sie lachend. «Wir hätten das Korn immer zu früh genommen. Einfach dann, wenn wir wollten. Das geht natürlich nicht.» Auch nicht bei ihrem Wein, dem Oenziger Wy vom Jurasüdhang, der noch diese Woche nach Vevey gebracht wird. An die Fête des Vignerons.