Explodierende Gesundheitskosten: Wenn jeder Arzt wieder von vorne beginnt

«Da müssen wir Blut nehmen», sagt die Hausärztin und sucht mit der Nadel eine Vene. Nach einer Pause im Wartezimmer geht es weiter zum Röntgen. Der Befund verlangt nach einem Spezialisten. «Da müssen wir Blut nehmen», sagt einige Tage später der Spezialist und sucht mit der Nadel eine Vene. Nach einer Pause im Wartezimmer geht es weiter zum Röntgen.

Die Gesundheitskosten sind hoch und sie steigen weiter. CVP-Grossrätin Marianne Binder ist überzeugt: «Einen Teil der Kosten bilden Mehrfachuntersuchungen, Mehrfachbehandlungen, Mehrfachanalysen und unkoordinierte Diagnosen in stationären und ambulanten medizinischen Institutionen.» Von Patientinnen und Patienten höre sie immer wieder, dass bei einem Befund, der eine Behandlung in verschiedenen medizinischen Institutionen nötig mache, zu wenig Koordination herrsche. «Röntgenbilder werden zweifach gemacht, Blut mehrfach entnommen und Laboranalysen vorgenommen, ohne dass sich die behandelnden Personen miteinander absprechen.» Binder sieht «enormes Sparpotenzial, ohne dass die Versorgungsqualität leidet».

In einer Interpellation will die CVPPräsidentin nun wissen, ob der Regierungsrat ihre Meinung teile und wie Schnittstellen zwischen den Leistungserbringern besser aufeinander abgestimmt werden können. Weiter fragt sie, ob die Kantonsregierung Sparpotenzial sehe und ob sie Angaben über die Höhe machen könne.

KSB hofft auf Digitalisierung
Die beiden Aargauer Kantonsspitäler sind sensibilisiert für das Thema. Erklärtes Ziel des Kantonsspitals Baden (KSB) sind «effiziente und schlanke Prozesse und Abläufe», wie Sprecher Omar Gisler sagt. Dazu gehöre auch, Mehrfachbehandlungen auf das notwendige Minimum zu reduzieren. «Gerade in der Radiologie sollte man Mehrfachbehandlungen, nicht nur aus Kosten-, sondern auch aus Strahlenschutzgründen, wenn immer möglich vermeiden», sagt Gisler. Gelegentlich komme man allerdings nicht um Wiederholungen herum, etwa wenn «die Bildqualität ungenügend ist oder die Bilder nicht fristgerecht vor Ort sind». Hier verspricht sich das KSB durch Digitalisierung und Vernetzung weitere Optimierungen.

Voruntersuchung verschwiegen
Andrea Rüegg, Sprecherin des Kantonsspitals Aarau (KSA), sagt: «Wir tun alles, um Doppelbestimmungen und -aufnahmen zu vermeiden.» Wenn immer möglich werde Rücksprache mit dem Hausarzt oder dem vorbehandelnden Arzt genommen, «ausser der Patient kommt ausserhalb der Praxisöffnungszeiten ins KSA». Es gebe aber gelegentlich Situationen, bei denen Untersuchungen wiederholt werden müssten. Zum Beispiel wenn die Resultate des Hausarztes nicht im KSA angekommen seien oder es für die Diagnose zusätzliche, detailliertere Labor- oder Röntgenuntersuchungen brauche.

Ein Problem, das sich im KSA immer wieder stelle: Patienten gehen am Morgen zum Hausarzt und kommen am Nachmittag in den Notfall, um sicherzugehen. «Von diesen ersten Untersuchungen erfahren wir in der Regel nichts», sagt Rüegg. Das Problem der Mehrfachbehandlungen könnten die Spitäler nicht alleine lösen. «Es kann nur auf gesundheitspolitischer Ebene, Stufe Bund gelingen», sagt Rüegg.