
Färbi-Fabrikgebäude: Haupttrakt wird saniert, der Rest verschwindet
Das neu erstellte Trottoir auf der Striegelstrasse können die Safenwiler nicht mehr durchgehend sicher benutzen. Die Fassade des Färbi-Hauptgebäudes bröckelt. Mit ziemlichem Getöse lösen sich Verputz und Ziegelteile. Dass sie nicht direkt auf die Kantonsstrasse und auf vorbeifahrende Autos fallen, verhindert seit Kurzem ein Gerüst mit einem Netz. Die Sicherheitsmassnahme hat die Espace Real Estate AG veranlasst. Der Immobilienfirma aus Biel gehört das 53000 Quadratmeter grosse Färbi-Areal mit den Gebäuden seit 15 Jahren.
«Unser Unternehmen kommt vollumfänglich für die Sicherungs- und Sanierungskosten auf», betont Patrick Berger. Der Leiter Bewirtschaftung und Mitglied der Espace-Real-Estate-Geschäftsleitung erklärt, dass Fachexperten den Zustand des Hauptgebäudes entlang der Striegelstrasse überprüfen. Die zwischen 1856 und 1910 erbauten Häuser sind seit zehn Jahren von der kantonalen Denkmalpflege als schützenswertes Objekt eingestuft. «Damals gab es eine Projektidee, dass dort Mietund Loftwohnungen entstehen sollen», erklärt Denkmalpfleger Reto Nussbaumer und betont: «Das Färbi-Areal ist durch seine Grösse und Familiengeschichte kultur-, industrie- und wirtschaftshistorisch gesehen ein bedeutender und wichtiger Zeitzeuge.» Nussbaumer unterstreicht, dass kein Unterschutzstellungsverfahren läuft. «Über die Unterschutzstellung der Denkmäler entscheidet das Departement Bildung Kultur und Sport (BKS). Die Kantonale Kommission für Denkmalpflege und Archäologie berät das Departement bei seiner Entscheidung.» Dies aber erst, wenn ein Unterschutzstellungsantrag von der Eigentümerschaft gestellt wird.
Im Färbi-Fall sieht Reto Nussbaumer nicht nur den kulturhistorischen Wert, sondern auch praktische Gründe für den Besitzer. «Es lohnt sich, das Hauptgebäude zu sanieren, weil es einen sehr guten Schallschutz für allfällige dahinterliegende Wohnbauten bietet.» Vor allem stehe der Komplex sehr nah an der Kantonsstrasse. «Nach einem allfälligen Abriss muss bei einem Neubau die Abstandsregelung von sechs Metern eingehalten werden.» Die Instandsetzung, sagt Reto Nussbaumer, sei eine Winwin-Situation für alle.
«Wir haben uns an den Gedanken gewöhnt, dass wir das Hauptgebäude sanieren werden», sagt Patrick Berger. Der Zeitpunkt ist ebenso wie die spätere Nutzung noch offen. Zuerst gehe es darum, den Aufwand und die Kosten zu klären.
Ausschreibung für Abriss läuft
Klar ist dagegen, dass die hinteren Häuser demnächst abgerissen werden. Das Abrissgesuch ist bewilligt. «Die Ausschreibungen für die Arbeiten laufen», so Berger. Auf die Frage, ob das alte Bauprojekt mit Miet- und Loftwohnungen noch aktuell sei, meint er: «Ein Überbauungsprojekt ist nicht geplant. Mit dem Rückbau des hinteren Gebäudekomplexes kommen wir den Wünschen der Anwohner und der Gemeinde Safenwil entgegen.» Ein unumgänglicher Schritt, denn wie Patrick Berger selber sagt, sind die Häuser abbruchreif und nicht mehr zu vermieten.
Vor einigen Jahren waren die oberen Gebäude noch belebt. Vor drei Jahren waren unter anderem der Färbiladen und Bingo-Schuh-Discount eingemietet. Beide Geschäfte sind weiterhin auf dem Areal tätig, im ehemaligen Scholl-Fabrikgebäude. Auf den über zwei Stockwerke verteilten 2500 Quadratmetern bot davor die Wohnhalle AG Möbel an. Ursprünglich gehörte die einstige Produktionshalle sowie das gesamte FärbiAreal der Textilfärbe-Firma Scholl-Then AG. Das Unternehmen stellte Textilfärbemaschinen her. Scholl-Then war 2003 aus einer Fusion der 1937 gegründeten Scholl Switzerland AG und der deutschen Then GmbH in SchwäbischHall hervorgegangen. Im Juni 2004 ging sie Konkurs. 65 Angestellte waren davon betroffen.
Zurück zum abbruchreifen Färbi-Gebäudekomplex. Seit dem Umzug des Färbiladens zieht nur noch das Selbstbedienungs-Buchantiquariat Kunden an. Seit 2007 bietet der Schweizer Verein Villages Reconstruction Organisation (VOR) im Schindelhaus gebrauchten Lesestoff an. Mit dem Erlös werden Kinder- und Frauenförderungsprogramme in Indien unterstützt. Wie lange der VRO noch als Mieterin bleiben kann, ist offen. «Wir sind interessiert, dass alle Mieter eine Anschlusslösung finden», versichert Patrick Berger von der Espace Real Estate.
