Fakten statt Verschwörungstheorien

Replik auf den Leserbrief «Unbelehrbare Asyllobby» vom 25. Mai im ZT.

Zur Asyllobby zählen gemäss dem Leserbrief die «Linken, Sozialromantiker, Hilfswerke und die Kirchen». Als stolzer Bestandteil dieser «übermächtigen Asylindustrie» überlese ich in der Regel solche Kommentare, um meine Nerven zu schonen und ich vermute, es geht vielen andern auch so. Ich versuche es in meiner Replik trotzdem mal mit Fakten statt mit kruden Verschwörungstheorien. Die Sozialhilfequote ist wirklich unglaublich hoch bei Flüchtlingen und Asylsuchenden im erwerbsfähigen Alter, sie betrug 2016 85,8 Prozent bei Flüchtlingen (SEM). Die betroffenen Flüchtlinge und Asylsuchenden wollen häufig arbeiten, auch zur gesellschaftlichen Integration, finden aber nur schwer Arbeit. Dieses Potenzial an Wille zur Eigenverantwortung liegt brach, weil es ohne Unterstützung sehr schwierig ist eine Arbeitsstelle zu finden. Genau diese nötige Unterstützung bietet dann die leider eben doch nicht so «übermächtige Asylindustrie».

Eine Studie der Berner Fachhochschule sagt, dass es wichtig ist, die Eintrittsschwellen beim Arbeitsmarktzugang von Schutzsuchenden zu verkleinern. Dafür benötigt es schnellere Asylverfahren, Investition in Sprachkurse, spezielle Ausbildungsplätze und eine Abschaffung administrativer Hürden wie der Arbeitsbewilligungspflicht. Dafür setzen und setzten sich fast alle Parteien links der SVP ein. Die amtierende Regierungsrätin, welche den Asylbereich im Aargau betreut, kommt übrigens aus der SVP. Gemessen an den zitierten Heilsversprechungen der SVP ist ihr Leistungsausweis aus meiner Sicht bisher doch eher dürftig ausgefallen.

Nicht genug getan wird hingegen für die Menschen, die den Schutz benötigen. Für Menschen, die beispielsweise vor dem Krieg in Syrien fliehen, gibt es kaum legale Fluchtmöglichkeiten nach Europa oder in die Schweiz. Die Beteiligung der Schweiz am europäischen Umsiedlungsprogramm hat im März geendet (SEM). Asylgesuche haben im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent abgenommen (SEM), die Sterblichkeitsrate auf dem Mittelmeer hat sich aber gemessen im selben Zeitraum mehr als verdoppelt (UNHCR).

Wenn aktuell die Kirchen immer wieder deutlich auf diesen Missstand hinweisen, bin ich sehr froh um diese Stimmen. Denn die vorherrschende und breit akzeptierte Fremdenfeindlichkeit hat dafür gesorgt, dass vergessen geht, dass es eben keine nette Geste ist, wenn ein Staat Flüchtlingen Schutz gewährt, sondern ein Menschenrecht. Es handelt sich hier also nicht um eine christliche Sichtweise, sondern eigentlich eine um eine Selbstverständlichkeit.

 Viviane Hösli, Grossrätin SP, Zofingen