
Fantasten und Erbsenzähler
Chefredaktor Philippe Pfister über das amüsanteste Interview in seinem Berufsleben.
Das Interview mit dem in Zofingen geborenen Erich von Däniken war eines der amüsantesten in meinem Berufsleben. Der 82-Jährige stellt einen Eistee und eine Cola auf den Tisch und bietet mir eine Zigarette an. Wann habe ich das letzte Mal während eines Interviews geraucht? Vor 10 Jahren? Oder ist das schon 20 Jahre her? Schleppt EvD jetzt womöglich noch eine Flasche Weissen heran? Dann kann es nicht schnell genug gehen, bis das Tonband läuft. EvD ist eine belesene Erzählmaschine. Wenn er spricht, kennt er die Fakten, Zahlen und Daten genau. Dann und wann buchstabiert er ein schwieriges Wort oder einen Namen ins Tonband – weil er vermutet, dass sein Besucher damit Schwierigkeiten haben könnte. Seine Augen funkeln, und manchmal beugt er sich nach vorn, um einen Satz besonders zu betonen. Zwischendurch nennt er mich immer wieder mal «my dear».
Von Däniken ist mit 82 aufgeräumt, voller Energie und Tatendrang. Nicht ein Hauch von Resignation oder Verbitterung ist zu spüren – obwohl er jahrzehntelang vom Gröbsten hat einstecken müssen. Kübelweise Häme wurde über ihn ergossen. Erst vor ein paar Jahren erhielt er den Spott-Preis «Goldenes Brett vorm Kopf». «Ein Leben lang den Blick ins All zu richten und trotzdem beide Augen fest geschlossen zu halten, ist eine besondere Leistung», hiess es zur Preisverleihung.
EvD hat recht: Das Brett vor dem Kopf haben vielleicht andere. Die Verbissenheit, mit der die Wissenschafts-Community auf Leute wie EvD eindrischt und sie mundtot machen möchte, ist lächerlich. Klar: Seine Theorie, Ausserirdische hätten vor Jahrtausenden die Erde besucht und würden sie nach wie vor beobachten, ist aus wissenschaftlicher Sicht unhaltbar. Und ja, was EvD «scharfsinnige Logik» nennt, entpuppt sich bei genauem Hinsehen als wilde Spekulation. Muss man seine Bücher deshalb gleich auf den Scheiterhaufen werfen? Ganz abgesehen davon, dass EvD mehr geleistet hat als unzählige seiner wissenschaftlichen Kritiker: Sein Fotoarchiv ist ein wahrer Schatz, von dem Forscher noch Jahrzehnte profitieren werden. Ja, Erich von Däniken ist ein Fantast. Ich halte nichts von seinen Theorien. Aber in einem Punkt hat er recht: «Es sind die Fantasten, die die Welt in Atem halten, und nicht die Erbsenzähler.»
Das grosse Interview mit Erich von Däniken lesen Sie online.