
FDP-Jauslin: «Unterstütze ein Verbot der unnötigen Böller» – SP-Suter: «Sehe wenig Anlass für generelles Verbot»
Eine neue Debatte ums Feuerwerk ist entbrannt. Mit einer Volksinitiative will ein Aargauer Komitee rund um den früheren Journalisten Roman Huber den Verkauf und das Abbrennen von Knall-Feuerwerk schweizweit verbieten, wie die AZ am Montag berichtete. Unzählige Reaktionen der AZ-Leserschaft waren die Folge: Endlich Schluss mit der Knallerei, finden die einen; die anderen befürchten einen Angriff auf eine wichtige Schweizer Tradition.
Noch 2015 war eine kantonale Initiative, die ein weitgehendes Verbot von Feuerwerk forderte, im Aargau chancenlos. Auch bei den heutigen Nationalrätinnen und Nationalräten. Nun scheint die Stimmung zumindest bei einigen zu kippen. So sagt etwa der Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin heute:

FDP-Nationalrat Matthias Jauslin.
«Ich finde die Knallerei auch überflüssig und unterstütze ein Verbot der unnötigen Böller.»
Jauslin ist seit einem halben Jahr im Kontakt mit dem Initiativkomitee. Man tausche sich aus, auch ein nationaler Vorstoss im Bundesparlament sei diskutiert worden. «Wir wollten den 1. August abwarten und schauen, was dann passiert», erklärt er.
Nun begrüsst Jauslin die Initiative von Roman Huber und dem Komitee – insbesondere eine Volksabstimmung zum Thema Feuerwerk: «Es betrifft uns alle. Deshalb soll die Bevölkerung darüber abstimmen können.» Als konkrete Lösung schlägt der Freisinnige vor, das Zünden von Feuerwerk nur zu bestimmten Zeitfenstern am 1. August und an Silvester zu erlauben. Für öffentliche Feuerwerke soll es aber eine Ausnahmeregelung geben, so Jauslin.
Zurückhaltender äussert sich Gabriela Suter zur Initiative. Die Präsidentin der Aargauer SP und der Lärmliga Schweiz findet das Anliegen zwar grundsätzlich berechtigt: «Es gibt Menschen und Tiere, welche unter der Knallerei leiden.» Aus Sicht der Lärmliga stehe das Feuerwerk aber nicht im Fokus. «Wenn wir gesundheitsschädigenden Lärm reduzieren wollen, dann müssen wir bei den Hauptquellen ansetzen – also beim Verkehrslärm, der die Menschen 365 Tage im Jahr belastet», erklärt Suter. «Dagegen ist der kurzzeitig andauernde Feuerwerkslärm weniger schädlich.»

Im Streitgespräch zum Thema Motorradlärm: Nationalrat Walter Wobmann, SVP SO, und Nationalrätin Gabriela Suter, SP AG (im Bild), Aarau, 11. November 2020.
Suter hat nicht den Eindruck, dass Feuerwerk ganzjährig unkontrolliert abgefeuert wird. In den meisten Gemeinden sei der Umgang mit Feuerwerk ja schon geregelt. So stellt Suter die Verhältnismässigkeit der Initiative in Frage:
«Ist die Bundesverfassung der richtige Ort, um ein Feuerwerksverbot festzuhalten?»
Es gebe auch gute Lösungen auf Gemeindeebene: etwa in der Stadt Bern, wo Feuerwerk in der Altstadt, verboten ist, oder Davos, wo gar kein Feuerwerk gezündet werden darf. Unter dem Strich sieht Gabriela Suter deshalb wenig Anlass für ein generelles Feuerwerksverbot.
Suter sorgte ihrerseits landesweit für Schlagzeilen mit ihren Vorstössen zur Bekämpfung des Töfflärms.

Grüne-Nationalrätin Irène Kälin.
Die Grünen-Nationalrätin Irène Kälin hat 2015 als Grossrätin gegen ein Feuerwerksverbot gestimmt. Dass nun eine differenzierte Diskussion übers Feuerwerk geführt wird, findet sie gut: «Ich befürworte gewisse Einschränkungen, aber ohne uns der Tradition des 1.-August-Feuerwerks ganz zu berauben.» Die Knallerei sei eine grosse Belastung für Mensch und Tier. Dennoch ist Kälin der Meinung, auch Private sollen am 1. August und an Silvester ein Feuerwerk veranstalten dürfen:
«Es soll vor allem planbar sein für Menschen, die der Knallerei aus dem Weg gehen wollen.»
Laut der Grünen-Nationalrätin bräuchte es aber eine Diskussion über die Orte, wo Feuerwerk erlaubt ist: «Man könnte es auf definierte Plätze in Innenstädten beschränken, wo es weniger problematisch ist als am Waldrand.»

GLP-Nationalrat Beat Flach.
Dies würde auch GLP-Nationalrat Beat Flach begrüssen. «Ich finde die Knallerei auch grenzwertig – vor allem, wenn es Tage vor und nach dem Feiertag gemacht wird», sagt er. Ein generelles Feuerwerksverbot geht aber auch Flach zu weit. Und die gesetzliche Grundlage für eine Einschränkung der Knallerei gebe es schon – man müsse sie nur noch umsetzen. Ein spezifisches Verbot der reinen Knallkörper würde Flach aber begrüssen:
«Die reinen Knallkörper sind für Tiere und Umwelt eine Zumutung. Das muss den Leuten bewusst werden.»
Der frühere SVP-Aargau-Präsident Thomas Burgherr hat am 1. August Geburtstag. «Als Kind erhielt ich häufig Raketen und hatte grosse Freude daran», sagt der Nationalrat, als die AZ ihn in den Ferien im Tessin erreicht. Burgherr lehnt ein Feuerwerksverbot, wie es die Initiative fordert, als unnötig ab. Burgherr findet:

SVP-Nationalrat Thomas Burgherr.
«Feuerwerk gehört zum 1. August, das ist eine Tradition, die vielen Menschen gefällt.»
Die Luftbelastung könne nicht so gravierend sein, wenn Grossfeuerwerke weiterhin erlaubt seien, sagt Burgherr. Er räumt ein: «Es gibt sicher Hunde, die schreckhaft auf lautes Feuerwerk reagieren.» Aber dann müsse man halt an zwei Tagen im Jahr mit ihnen an einen Ort fahren, wo es ruhiger ist. Burgherr verbrachte den 1. August in Ascona und war enttäuscht, dass es dort kein Feuerwerk gab. «Gezeigt wurden eine Wassershow und ein Film, das war nicht das, was meine Tochter und ich uns vorgestellt hatten», sagt er.