Ferien ohne Test und Quarantäne: Portugal macht’s vor

Viele europäische Länder, die seit Monaten unter dem Lockdown leiden, schauen neidisch auf Portugal. Dort werden nach Wochen niedriger Infektionszahlen die Coronabeschränkungen immer weiter gelockert. An diesem Montag durften erstmals nach drei Monaten auch wieder die Innenräume der Restaurants, Cafés und Bars aufmachen. Anfang April waren bereits die gastronomischen Aussenterrassen geöffnet worden, was im ganzen Land nach dem langen Shutdown mit Begeisterung aufgenommen worden war.

Das kleine EU-Land am Atlantik, das Anfang des Jahres die höchsten Ansteckungszahlen Europas hatte, scheint seine Lektion aus dem Coronadrama gelernt zu haben. Und diese heisst, so glaubt es wenigstens der sozialistische Premier António Costa: Nur über einen konsequenten Lockdown mit spürbaren Ausgangs- und Mobilitätsbeschränkungen lässt sich die Infektionskurve auf ein kontrollierbares Niveau senken.

Die Mahnungen erinnern an jene in der Schweiz

Die schrittweise Rückkehr zur Normalität dürfe nicht missbraucht werden, mahnt Costa. Der Regierungschef sagte:

«Der Zuwachs an Freiheit muss mit einem Zuwachs an Verantwortungsgefühl einhergehen»
Der portugiesische Premierminister António Costa.

Der portugiesische Premierminister António Costa. Antonio Pedro Santos / EPA

Nur so könne die Nation einen Coronarückfall vermeiden, der unweigerlich neue Einschränkungen zur Folge hätte.

Seit Wochen liegt die nationale 7-Tage-Inzidenz in Portugal bei 30-35 Fällen pro 100’000 Einwohner. Das ist ein Vielfaches niedriger als in der Schweiz, Deutschland, oder Österreich. Lediglich an der Algarve-Küste und auf der Insel Madeira sind die wöchentlichen Ansteckungszahlen noch über der Grenzmarke von 50 Fällen pro 100’000 Einwohner. Deswegen geht dort die Lockerung der Beschränkungen langsamer vonstatten. So muss zum Beispiel die Gastronomie im Algarve-Badeort Portimão weiterhin geschlossen bleiben. Auf Madeira gilt unterdessen immer noch von 19 Uhr abends bis fünf morgens eine Ausgangssperre.

Aber in den meisten Regionen des Landes, in dem zehn Millionen Menschen leben, durften am Montag grössere Geschäfte und Einkaufszentren ihre Türen wieder aufsperren. Bisher waren nur kleine Einzelhandelshops bis 200 Quadratmeter und Supermärkte offen. Auch in Kinos sowie Theater- und Konzertsälen läuft der Betrieb wieder an. Universitäten und Oberschulen haben nun ebenfalls wieder Präsenzunterricht, nachdem die Öffnung von Kitas und Schulen bis zur Mittelstufe Anfang April problemlos angelaufen war.

Sichere Sommerferien auf Madeira

Zudem plant das bei den Europäern sehr beliebte Urlaubsland den Neustart des Tourismusgeschäfts. Auf der im Atlantik liegenden Insel Madeira wird bereits geprobt, wie eine sichere Ferienreise in diesem Sommer aussehen könnte. Und zwar mit der Einreise über einen «grünen Reisekorridor». Konkret heisst dies derzeit, dass alle Touristen, die bereits gegen Covid-19 geimpft sind, ohne den ansonsten notwendigen negativen PCR-Test einreisen dürfen. Auch wer per Attest nachweist, dass er in den letzten 90 Tagen eine Coronainfektion überstanden und entsprechende Antikörper hat, ist von der Testpflicht befreit.

Das Inselparadies Madeira kann von Geimpften oder Immunen bald wieder für Ferien genutzt werden.

Das Inselparadies Madeira kann von Geimpften oder Immunen bald wieder für Ferien genutzt werden. Archivbild: CH Media

Der «grüne Reisekorridor» Madeiras ist also eine Art Vorreiter für den von Brüssel vorgeschlagenen europaweiten Coronaimpfpass. In diesem digitalen Dokument, das offiziell «grüner Nachweis» heissen wird, sollen Impfungen, Coronainfektionen und negative Testergebnisse registriert werden. Sollte sich die EU nicht bald auf diesen internationalen Impfpass einigen, kann sich die portugiesische Regierung durchaus vorstellen, Madeiras Experiment zu übernehmen und die Touristen über einen «grünen Korridor» ins Land zu locken.

Die Insel bleibt vorerst eine Ausnahme

Noch hält Portugal aus Sicherheitsgründen seine Grenzen für internationale Touristen geschlossen. Nur Madeira mit seinem experimentellen «grünen Korridor» ist eine Ausnahme. Doch viele Urlauber kommen derzeit nicht auf die Atlantikinsel. Zumal zum Beispiel Deutschland, nach Grossbritannien der wichtigste Reisemarkt Portugals, immer noch eine Reisewarnung für Madeira aufrechterhält – und dies schreckt deutsche Reisende ab, weil diese Warnung für Inselrückkehrer eine Quarantänepflicht nach sich ziehen kann.