Feuerwehr Strengelbach sucht helle Köpfe mit grossem Herzen

«Entscheidend ist nicht, wie viele beitreten, sondern, wie viele bleiben.» Marcel Kunz, Kommandant
«Entscheidend ist nicht, wie viele beitreten, sondern, wie viele bleiben.» Marcel Kunz, Kommandant

Der Herbst hat an diesem Abend im Oktober definitiv Einzug gehalten. Früh am Abend ist die Sonne bereits längst verschwunden und Nieselregen prägt die Luft. Ganz im Kontrast dazu steht das Feuerwehrmagazin in Strengelbach hell beleuchtet. Lachende Gesichter und einladende Gesten erleichtern mir und den knapp 40 Besucherinnen und Besuchern des Informationsanlasses der Feuerwehr den ersten Kontakt denkbar. Zwei freundliche, junge Frauen empfangen die Dienstpflichtigen. «Nachname?» hört man die beiden im Minutentakt fragen. Um genau 19.30 Uhr schliesst Kommandant Marcel Kunz die Türen.

Noch während Kunz die Gruppe begrüsst, macht eine Rechnung in meinem Kopf keinen Sinn. 246 Personen wurden für den Anlass nicht eingeladen, sondern aufgeboten – schliesslich gilt die Feuerwehrpflicht für Mann und Frau zwischen 20 und 44 Jahren, wobei alle Nicht-Mitglieder eine jährliche Abgabe leisten müssen. 117 haben sich vom obligatorischen Anlass pflichtbewusst abgemeldet. Also müsste der Saal nun mit 129 gewissenhaften Personen gefüllt sein, die sich ein erstes Bild über die Feuerwehr machen können. Wo sind die fehlenden 90 Leute?

Wie viele bleiben am Schluss der Feuerwehr erhalten?

«Ich bin nicht enttäuscht über den Aufmarsch. Der Informationsanlass wurde auch in den letzten Jahren leider nur von wenigen Personen besucht», so Marcel Kunz. Letztes Jahr konnten sieben Personen für den Feuerwehrdienst gewonnen werden. Doch Marcel Kunz weiss: «Entscheidend ist nicht, wie viele der Feuerwehr beitreten, sondern, wie viele bleiben.» So sind von den sieben Neuen bereits wieder vier während des Jahres ausgetreten. «Momentan sind wir noch 60 Feuerwehrleute. Damit alle Abteilungen reibungslos funktionieren können, bräuchten wir aber 83», erzählt Kunz mit Nachdruck.

Also präsentieren sich alle an diesem Abend von ihrer besten Seite. Aktive der Abteilungen Fahrer, Sanität, Einsatzzug, Verkehr und Atemschutz strahlen förmlich beim Erzählen. Die Leidenschaft für die Feuerwehr ist schier greifbar – und schwappt ein wenig auch auf mich über. Für die Feuerwehr hoffe ich, dass auch andere Besucherinnen und Besucher so empfänglich sind. Aus jeder Abteilung kann die Gruppe eine wichtige Erkenntnis mitnehmen. So muss man als Fahrer nicht etwa schnell fahren, sondern durch den Verkehr kommen können. Die Sanitäter, die neben körperlichen auch psychische Behandlungen ausführen, sind in erster Linie für die Sicherheit der Feuerwehrleute zuständig. Daneben kümmern sie sich um Schnittwunden und ohnmächtige Personen – und alles, was dazwischenliegt. Beim Einsatzzug sind die Gerätschaften wie Rettungssäge und der riesige Föhn für rauchfreie Gebäude Trumpf. Bei den Erzählungen der Gruppe Verkehr merkt man, dass sie nicht nur bei Bränden, sondern eben auch an Umzügen oder Festen im Einsatz stehen und den Verkehr sichern. Ganz zum Schluss kommen die «Bad Guys», der Atemschutz. Taugliche, gesunde und fitte Personen stürzen sich mit 30 Kilogramm Ausrüstungsmaterial in die Flammen, auf der Suche nach Überlebenden. Auch hier gilt Selbstschutz als oberstes Gebot. Die jungen Strengelbacher haben nun die Qual der Wahl. Wohin mit der eigenen Energie und Zeit? Ich ertappe mich selber, wie ich meine Stärken und Interessen abwiege und versuche, die idealste Abteilung für mich auszusuchen.

Ernüchternde, aber zu erwartende Antworten

«Überzeugen statt überreden» lautet das Motto des Abends. Mit wie vielen Neumitgliedern kann die Feuerwehr nun für das nächste Jahr rechnen? Sind es 20 oder vielleicht sogar mehr? Gespräche während des anschliessenden Apéros machen klar, dass sich die wenigsten eine Mitgliedschaft bei der Feuerwehr wirklich überlegen. Die Gründe dafür sind nicht neu: Beruf und Ausbildung scheinen viele Junge heutzutage bereits genug auszulasten. Hätte ich für jede Antwort, die mit «Es ist eine gute Sache, aber …» anfängt, einen Franken erhalten, könnte ich mir heute ein anständiges Mittagsmenu beim Chinesen leisten. Einige gestehen offen und ehrlich, dass sie nur am Informationsanlass teilgenommen haben, weil er obligatorisch ist und man bei Nicht-Erscheinen trotzdem rekrutiert werden kann. Andere sind Neuzuzüger und wollen neue Leute kennenlernen. «Ich bin erstaunt, wie viele junge Personen in Strengelbach leben», ist eine von vielen Erkenntnissen an diesem Abend. Doch ein Lichtblick bleibt: Insgesamt sechs haben sich bislang neu bei der Feuerwehr eingeschrieben. Damit werden die neun Abgänge aufs nächste Jahr zwar nicht ganz aufgefangen. Nichtsdestotrotz bleibt der Feuerwehr Strengelbach die Gewissheit, dass sie alles in ihrer Macht Stehende an diesem Abend getan hat, um der Bevölkerung die Vorzüge und die Notwendigkeit einer Feuerwehr näherzubringen.