Finanzen und Fussball – braucht es keine oder noch stärkere Einschränkungen? – MIT AUDIO

Melanie Gamma: Als ich mein erstes Taschengeld erhielt, war ich stolz. Nicht der Betrag war damals das Wichtigste, was mir meine Eltern mitgaben, sondern der Gedanke: Überleg dir gut, wofür du das Münz ausgibst. Noch heute gehe ich haushälterisch mit meinem «Vermögen» um. Im internationalen Fussball ist diese «Weisheit» nichtig. Etliche Vereine stehen vor dem Konkurs. Einige müssen ihre Topspieler ziehen lassen, andere finden Investoren, die ihre Defizite an der Grenze der Legalität wettmachen. Dabei gäbe es von der Uefa definierte «Financial Fairplay»-Regeln. Die neuste Idee ist, diese durch eine Gehaltsobergrenze für Klubs zu ersetzen. Vereine dürften noch 70 Prozent ihrer Einkünfte für Spielerlöhne einsetzen. Überschreitet der Club diese Lohnschranke, kann er aber eine «Luxussteuer» an die Uefa zahlen. Das entsprechende Geld verteilt die Uefa an jene Clubs, die sich an die Regeln halten. Monetäre Verstösse mit Geldbussen zu bestrafen ist doch sinnlos, lieber stellt man jene Vereine vom Platz.

Pascal Kamber: Mit sinnlos triffst du den Nagel auf den Kopf. Eigentlich wäre der Grundgedanke des «Financial Fairplays» ein guter, die Vollstreckung des Reglements ist allerdings nur eines: lachhaft. Vereine, die mehr Geld ausgeben als sie einnehmen und ihr Defizit durch private Geldgeber oder Investoren decken lassen, müssten von der Uefa sanktioniert werden. Nur geschieht dies nicht wirklich, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. In der Saison 2013/14 haben Paris St-Germain und Manchester City, die beide im Besitz von finanzstarken Unternehmen aus den Arabischen Emiraten sind, mit ihren Bilanzen klar gegen das «Financial Fairplay» verstossen. Weil die Klubeigentümer von PSG aber Druck auf die Uefa ausübten, sah diese von der vorgesehenen Strafe ab und man einigte sich auf eine Busse von 20 Millionen Euro. Gar am Internationalen Sportgerichtshof freigesprochen wurde «ManCity»: Das Urteil fiel mit 2:1 Richterstimmen zugunsten der Engländer aus, die zwei dieser Richter gleich selber vorgeschlagen haben. Das zeigt: «Financial Fairplay» ist nicht mehr als ein Papiertiger. Dasselbe gilt auch für die geplante Gehaltsobergrenze und jede weitere Idee, solange sich die Uefa nicht an ihre eigenen Regeln hält.

gam: Das heisst, du würdest die Clubs machen lassen, keine Regeln oder Einschränkungen aufstellen? Das würde ja dann bedeuten, dass das Geld und die Korruption noch stärker die Fussballwelt regiert. Nein, ich glaube, es braucht strenge Auflagen, um den Fussball aus finanzieller Sicht gerechter zu machen. In anderen Bereichen sind Regeln akzeptiert, etwa was Doping oder den Einsatz von ausländischen Spielern angeht. Warum soll bei den Finanzen Freiheit pur herrschen? Eine Gehaltsobergrenze im Profifussball fände ich sinnvoll – aber ohne Hintertür. Ebenso müsste man Transfersummen begrenzen. Die Fussballer und Funktionäre der grossen Clubs verdienen doch eh viel zu viel und von sogenannten Spielerberatern wollen wir gar nicht erst reden.

pka: Genau das ist das Problem. Der Fussball wird doch jetzt schon vom Geld regiert. Dem sind sich auch die Herren der Uefa bewusst, schliesslich verdienen sie ja kräftig mit an diesem Geschäft. Wieso also sollten sie einen funktionierenden Markt einschränken, wenn das letztlich ihrem eigenen Portmonee schadet?

gam: Weil wir sonst irgendwann im Fussball so weit sind wie im Bankenwesen und dann die grössten Clubs «too big to fail» sind. Ich befürchte, dass ohne eine strenge Art von «Financial Fairplay» irgendwann der Staat gewisse Vereine retten muss – oder zumindest für sie tiefer in die Tasche greift, als es aktuell etwa bei einem Stadionbau der Fall ist.

pka: Kein Klub der Welt ist derart gross, dass er vom Staat gerettet werden müsste. Ich würde die Vereine einfach machen lassen, bis die Blase irgendwann platzt. Dann verschwinden jene, die auf zu grossem Fuss leben, von alleine – getreu dem Motto: Der Markt regelt alles.