
«Fitness Factory»-Inhaber kämpft «an vorderster Front gegen übertriebene Massnahmen»
Am Montag sind neue Lockerungen in Kraft getreten. Insbesondere im Sport ist einiges mehr erlaubt, kleinere Events sind wieder möglich und auch die Restaurants dürfen ihre Innenräume wieder für die Gäste öffnen. Keine Veränderung gabs dagegen in der Fitnessbranche. Dort gelten immer noch dieselben Regeln wie seit dem 19. April, als die Fitnesscenter ihre Türen nach dem zweiten Lockdown in der Schweiz erstmals wieder öffnen durften.
Dieser Umstand ist Pascal Jörg ein Dorn im Auge. Er ist Inhaber der Kette «Fitness Factory», die unter anderem Standorte in Olten, Lostorf und Dulliken besitzt.
«Seit einem Jahr kämpfe ich an vorderster Front gegen übertriebene Massnahmen in der Fitnessbranche»,
sagt Jörg und betont, dass er keinesfalls gegen Massnahmen per se sei. «Dass es gute Lüftungen, Schutzkonzepte, Erheben der Kontaktdaten und auch Beschränkungen der Gruppengrössen braucht, ist für mich verständlich. Damit habe ich auch kein Problem.»
Taskforce war kritisch
Ein Problem hat Jörg, der an seinem neusten Standort in Dulliken wegen Corona extra eine leistungsstarke Lüftung eingebaut hat, mit zwei Dingen. «Die Maskenpflicht an den Kraftgeräten und die Tatsache, dass die Leute Angst haben, ins Fitnesscenter zu kommen, weil die Taskforce gesagt hat, dass das Ansteckungsrisiko in Fitnesscentern erhöht sei», so Jörg.
In der Tat hat sich Taskforce-Chef Martin Ackermann vor den Lockerungen in Fitnesscentern vom 19. April gegenüber dem «Blick» kritisch geäussert – vor allem im Bezug auf die Tatsache, dass die Trainierenden die Masken auf dem Laufband oder dem Velo unter Einhaltung der entsprechenden Abstände (25 Quadratmeter) abnehmen dürfen. «Das Risiko ist grösser bei Tätigkeiten, bei denen keine Maske getragen werden kann, und bei denen Menschen laut sprechen oder sich körperlich anstrengen und deshalb intensiver atmen», sagte Ackermann dem «Blick».
Gruppenkurse laufen schlecht
«Genau wegen solchen Aussagen haben die Leute Angst, wieder ins Fitnesscenter zu kommen», ist Jörg überzeugt. In seinen Filialen macht sich das bemerkbar. Verglichen mit derselben Zeit vor der Pandemie zählt Jörg in den «Fitness Factory» Filialen rund 30 bis 40 Prozent weniger Kunden im Fitnessbereich und rund 70 Prozent weniger in den Gruppenkursen.
«Die Kurse laufen bei uns extrem schlecht. Wir bringen praktisch keinen Kurs voll»,
sagt Pascal Jörg.

Pascal Jörg investierte bereits in der ersten Welle umfangreich in Schutzkonzepte (Archiv).
Er hatte deshalb auf weitere Lockerungen ab dem 31. Mai gehofft. Vor allem deshalb, weil sich die Befürchtungen der Taskforce nicht bewahrheitet haben. «Seit dem 19. April sind die Zahlen rückläufig, obwohl die Fitnesscenter geöffnet haben. Deshalb hätte ich schon erwartet, dass es auch für uns weitere Lockerungen gibt. Vor allem weil man sich in den Innenräumen von Restaurants jetzt wieder ohne Maske gemeinsam an einen Tisch setzen darf und sich im Privaten gar 30 Person ohne Schutzkonzept treffen können.»
Messungen liegen unter dem Grenzwert
Ans Aufgeben denkt Pascal Jörg deswegen nicht. Im Gegenteil: Er geht in die Offensive. Er hat sich mehrere CO₂-Messgeräte gekauft und kontrolliert in den Räumlichkeiten seiner Filialen seit einigen Tagen die CO₂-Konzentration in der Luft. Mit diesen Geräten ist zwar kein Rückschluss auf die Menge der Aerosole in der Luft möglich. Eine hohe CO₂-Konzentration in der Luft ist aber ein Anhaltspunkt für eine schlechte Luftqualität. Dies bestätigt das Departement des Innern des Kantons Solothurn auf Nachfrage.

Neuste Filiale der «Fitness Factory»: Das Gebäude der ehemaligen Tanzschule in Dulliken (Archiv).
Als Grenzwert für die CO₂-Konzentration in der Luft gilt 1000ppm. Wenn dieser erreicht ist, muss gelüftet werden.
«Ich messe seit mehreren Tagen und auch zu den Stosszeiten liegen die Werte im Fitnessbereich und in den Groupe Fitness Räumen immer deutlich unter 1000ppm»,
sagt Pascal Jörg und schliesst daraus: «Das Ansteckungsrisiko im Fitnesscenter ist mit einer guten Lüftung und CO₂-Messungen sehr gering. Man muss also keine Angst haben, ins Fitnesscenter zu kommen – selbst wenn die Maskenpflicht aufgehoben würde. Vor allem auch deshalb, weil immer mehr Menschen vollständig geimpft sind.»
Das sagen der Kanton Solothurn und das BAG
Diese Zeitung hat beim Departement des Innern des Kantons Solothurn (DDI) nachgefragt, ob es begrüsst wird, wenn Fitnesscenter oder andere Organisationen die CO₂-Konzentration messen. Die Antwort: «Grundsätzlich sind die Gesamt-Schutzkonzepte wichtig, nicht nur Einzelteile.» Für weitere Auskünfte zu den Massnahmen in Fitnesscentern verweist das DDI ans BAG. Bas BAG äusserte sich wie folgt zu den Fragen, weshalb die Situation in Restaurants anders beurteilt wird als in Fitnesscentern und wann mit weiteren Lockerungen für Fitnesscenter zu rechnen sei: «Es hat sich gezeigt, dass überall wo Konsumationen stattfinden, es sehr schwierig und kaum praktikabel ist, eine Maskentragepflicht durchzusetzen. Der Bundesrat hat angesichts dieser Realität entschieden, darauf zu verzichten, auch wenn damit ein gewisses Risiko eingegangen wird. In Fitnesscentern ist diese praktische Hürde jedoch nicht gegeben. Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit über die weiteren Schritte informieren.» (fba)