Flüchtlinge im Aargau erhalten ab sofort mehr Sozialhilfe: Kanton beendet widerrechtliche Praxis

Seit heute Donnerstag richtet der Kantonale Sozialdienst anerkannten und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen in Asylunterkünften des Kantons und der Gemeinden den sogenannten Grundbedarf für den Lebensunterhalt aus. Dabei beachte man die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos), wie das Departement Gesundheit und Soziales (DGS) mitteilt.

 

Damit werden diese Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizerinnen und Schweizern gleichgestellt. Die bisherige Praxis mit Sozialhilfe nach Asylansätzen habe neben dem Bundesrecht auch der Flüchtlingskonvention widersprochen, schreibt das DGS weiter.

 
 

Da in den Asylunterkünften gewisse Leistungen von den Betreibern erbracht würden, reduziere sich für die betroffenen Personen der effektiv ausbezahlte Beitrag, und zwar auf 73,5 Prozent des Grundbedarfs. Als Beispiele für diese Leistungen zählt das DGS die Energiekosten oder Ausgaben für die allgemeine Haushaltsführung und die persönliche Pflege auf.

Rund 200 betroffene Personen

Der Sozialhilfe-Ansatz für den Grundbedarf einer Person gemäss Skos beträgt derzeit 986 Franken. 73,5 Prozent davon – also der Beitrag, den der Kanton ab sofort ausrichtet – entsprechen 725 Franken. Wie viel der Kanton bisher bezahlte, lässt sich laut Stefan Ziegler, dem Leiter des Kantonalen Sozialdienstes, nicht so einfach sagen. „Die Ansätze pro Person sind zum Beispiel bei einer grösseren Familie anders sind als bei einem alleinstehenden Flüchtling“, sagt er auf Anfrage.

Zudem ist laut Ziegler auch entscheidend, ob ein anerkannter oder vorläufig aufgenommener Flüchtling arbeitet und damit ein Einkommen erzielt – das wird bei der Berechnung des Grundbedarfs berücksichtigt. „Über alles betrachtet, liegt die Differenz zwischen den bisher ausbezahlten Beiträgen und den neuen Ansätzen pro Person und Tag bei durchschnittlich rund 7 Franken», rechnet er vor. Auf den Monat gesehen, erhalten die Flüchtlinge künftig 210 Franken mehr Sozialhilfe als bisher.

Betroffen sind laut Mitteilung rund 200 Personen, die Gesamtkosten für den Kanton summieren sich laut Ziegler auf mehr als eine halbe Million Franken im Jahr. Im neuen Budget für 2021 wird ein jährlicher Mehrbedarf von 525’000 Franken beantragt, der Grosse Rat entscheidet im Spätherbst bei der Budgetberatung darüber. 

Erhalten die Flüchtlinge rückwirkend mehr Geld?

Ob auch rückwirkend Geld an die betroffenen Menschen ausbezahlt werde, habe der Regierungsrat noch nicht entschieden, heisst es in der Mitteilung. Diese Frage werde geklärt, wenn die Regierung eine entsprechende Interpellation im Grossen Rat beantworte.

 

Diese war von der SP-Fraktion Mitte September eingereicht worden. In der Interpellation wurde kritisiert, die bisherige Aargauer Praxis verstosse gegen Bundesrecht, denn nicht die Wohnsituation, sondern der Aufenthaltsstatus einer Person entscheide darüber, wie viel Sozialhilfe jemand erhalte. (sda/fh)