Flüge für Sommer und Herbst sind spottbillig: Soll ich jetzt buchen?

Die Osterferien stehen vor der Tür. Und normalerweise würden sich Reisehungrige bereits jetzt mit der Planung für ihre Sommer- und Herbstferien im Ausland beschäftigten. Nur: Die derzeitige Pandemie-Situation macht es Fernweh-Leidenden nicht einfach. Es folgen die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wohin fliegen die meisten Schweizerinnen und Schweizer dieses Jahr?

Stand heute lautet die Antwort: Nirgendwohin. «Wir können bis jetzt noch keinen Trend für die kommenden Sommer- und Herbstferien ausmachen», sagt eine Hotelplan-Sprecherin. Verglichen mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 habe man aktuell «nur wenige Buchungen» in den Büchern. Der Kuoni-Sprecher wird noch deutlicher. Die Buchungslage sei für die gesamte Schweizer Reisebranche derzeit «katastrophal». Zusätzlich belastend sei, dass neu auch Dubai und die Malediven auf der Quarantäneliste des BAG seien und damit das Kurzfristgeschäft nahezu zum Erliegen gekommen ist. Zudem seien kaum Prognosen für Reisen im Frühling möglich.

Am ehesten würden derzeit Flüge zu Destinationen gebucht, die sich nicht für eine langfristige Einreisesperre entschieden hätten, wie dies in Asien, Ozeanien und Nordamerika der Fall sei, sagt der Kuoni-Sprecher. Sofern im In- und Ausland die Reisebestimmungen gelockert werden, erachte man die Reisemöglichkeiten im Sommer für die Nachbarländer, Nordeuropa und für den Mittelmeerraum am realistischsten ein. Auch Hotelplan geht davon aus, dass viele Kund*innen im Sommer und Herbst auf die griechischen oder kanarischen Inseln fliegen werden. Der Binnentourismus sei aber nach wie vor stark.

Bei Tui Suisse heisst es, für den Sommer spüre man eine Nachfrage nach Griechenland, Türkei und Spanien. Dieser Trend zeichne sich auch für den Herbst ab. Und für die Osterferien würden sich viele Kunden zurzeit spontane Ferien überlegen. Zahlen nennt der Konzern aber keine.

Sobald ich geimpft bin, sind meine Reisepläne grenzenlos, nicht wahr?

«You dream, du!» Die Reiseindustrie schreit seit langem nach einem einheitlicheren Vorgehen bei den Reisebeschränkungen, nicht zuletzt in Bezug auf die Impfungen. Tatsächlich gibt es zahlreiche Lösungen für digitale Impfpässe. Doch nicht jede Airline setzt auf die gleiche Lösung, und nicht jedes Land akzeptiert alles. Und trotz der elektronischen Alternativen hat das gedruckte «Impfbüechli» noch nicht überall ausgedient.

Vor einigen Wochen plädierte beispielsweise Flughafen-Zürich-Chef Stephan Widrig im Interview mit dieser Zeitung dafür, dass es keine Reisebeschränkungen und keine Quarantäneregeln gibt, wenn man eine Impfung oder einen negativen Test vorweisen kann. Er hoffte, dass sich dieser Ansatz bis spätestens im März durchsetzt. «Es braucht ab Frühling eine andere Denkweise. Wegen einem minimalen Restrisiko darf man nicht den ganzen Reiseverkehr unterbinden», sagte Widrig. Doch vom gewünschten Umdenken ist noch nicht viel zu spüren.

Hotelplan geht zwar davon aus, dass Reisen rund ums Mittelmeer im Sommer und Herbst möglich sein sollten. «Wir raten aber unseren Kunden, ihre Ferien kurzfristig zu buchen», sagt die Sprecherin der Migros-Tochterfirma. So herrsche mehr Klarheit, ob bei einer Rückreise in die Schweiz eine zehntägige Quarantäne fällig werde, oder ob die Wunschdestination überhaupt offen sei. Die Tui-Suisse-Sprecherin verweist darauf, dass die Einreise ohne Test und Quarantäne in einzelnen Destinationen wie den Seychellen inzwischen möglich ist, sofern man vorweisen kann, dass die zweite Impfung zwei Wochen vor der Einreise verabreicht wurde.

Ich sehe derzeit viele Schnäppchen-Angebote. Wie sicher ist es, dass mein Flug im Sommer oder Herbst auch tatsächlich stattfindet?

Relativ unsicher. Die Swiss und Lufthansa haben vor wenigen Tagen ihren Sommerflugplan kommuniziert und dabei einen starken Ausbau des derzeitigen Flugprogramms angekündigt. Im Laufe des dritten Quartals hofft die Swiss rund 65 Prozent der Kapazitäten von 2019 anbieten zu können. Der Titel des Lufthansa-Communiqués zum touristischen Angebot lautete: «So stark wie nie zuvor».

Nur: Die Flugplanung der Airlines ist derzeit eine Planung auf gut Glück. «Das sind Flugpläne aus der Märchenwelt», sagt ein ranghoher Swiss-Insider. Niemand wisse, wie es derzeit weitergehe. In vielen Ländern, auch in der Schweiz, kämen die Impfungen noch langsam voran. Und stets neue Mutationen des Coronavirus könnten eine Markterholung weiter stark verzögern. Die Kundschaft muss sich somit – wie seit Ausbruch der Pandemie – auf Umbuchungen gefasst machen. Das kann bedeuten, dass der Flug kurzfristig auf einen anderen Tag verschoben wird, oder die Direktverbindung entfällt und ein mehrfaches Umsteigen mit verschiedenen Airlines nötig wird.

Drohe ich mein Geld zu verlieren?

Im schlimmsten Fall: Ja. Wenn eine Airline ein Grounding erlebt – und damit haben Schweizerinnen und Schweizer in der Vergangenheit ihre Erfahrung gemacht – dann ist das Flugticket das Erste, das wertlos wird. Doch natürlich wird nicht jede Airline hops gehen. Fast alle Airlines bemühen sich inzwischen um eine grösstmögliche Kulanz in der Hoffnung, möglichst viel Vertrauen bei der Kundschaft zu erwecken – und Cash in der eigenen Kasse zu generieren.

Derzeit werben die Airlines teils mit besonders tiefen Preisen. Doch wer jetzt ein Ticket an die US-Westküste für unter 1000 Franken kauft, was einem Schnäppchen gleichkommt, muss damit rechnen, dass er oder sie bei einer Umbuchung je nach tagesaktuellem Preis die Differenz nachzahlen muss.

Wer auf die Rückerstattung des Flugtickets pocht, sofern sich die gebuchte Reise stark verändert, sollte sein Geld zurückerhalten. Vergangenes Jahr wurde allerdings vielen schmerzhaft bewusst, dass sich die Airlines – auch die Swiss – damit Zeit lassen.

Hotelplan und Kuoni weisen auf die Vorteile hin bei Pauschalreisen, die man übers Reisebüro bucht, also für Flug und Unterkunft zusammen. «Wenn diese nicht wie geplant stattfinden können, weil die Airline zum Beispiel das Datum ändert oder den Flug streicht, ist man bei uns bestens aufgehoben, denn als Reiseveranstalter stehen wir in einem solchen Fall in der Verantwortung», sagt die Hotelplan-Sprecherin. Man suche dann für die Kunden eine Alternative oder erstatte die Reisekosten zurück. «Wir bieten quasi ein ‘Sorglos-Paket’ an.» Der Kuoni-Sprecher sagt gar, dass die Buchung eines Fluges allein ein gewisses Risiko darstellt.

Die Swiss hat Staatshilfe erhalten, also muss ich mir bei ihr um mein Ticket keine Sorgen machen, oder etwa doch?

Ein Grounding scheint bis auf Weiteres ausgeschlossen dank der vom Bund gedeckten Bankkredite in der Höhe von 1,3 Milliarden Franken für die Schwester-Airlines Swiss und Edelweiss. Aber mittel- und langfristig weiss derzeit niemand in der Aviatik, wie es weitergeht. Die erhoffte Erholung ist ausgeblieben. Weitere Airlines dürften für immer am Boden bleiben. Wie die Lage bei der Swiss aussieht, dürfte am Donnerstag etwas klarer sein. Dann präsentiert Dieter Vranckx bei seinem ersten Auftritt als neuer Airline-Chef die miserablen Zahlen des letzten Jahres.

Neue Analyse: So viel fliegt die Swiss derzeit

Im Vergleich zum Vorjahr führte die Swiss zuletzt nur knapp 24 Prozent ihrer Flüge durch. Das zeigt der Mittelwert der letzten sieben Tage mit Stand vom 2. März. Wie die Zahlen der europäischen Flugsicherungsbehörde Eurocontrol weiter zeigen, nahm die Zahl der Flüge seit einem Zwischenhoch um Weihnachten, als die Swiss im Vergleich zum Vorjahr immerhin einen Drittel der Flüge durchführte, stetig ab. Andere Airlines, die in die Schweiz fliegen, stehen kaum besser da: Am Flughafen Zürich wurden am 2. März gerade einmal 30 Prozent der Flüge des Vorjahrs gezählt. (Stefan Ehrbar)