Freddy Nocks langer Weg zum Comeback

Mehr als einmal hat diese Woche ein einziges Thema die Gespräche am Esstisch dominiert: Das Gerichtsverfahren gegen Freddy Nock. Im Sommer vor einem Jahr habe ich den Seilkünstler interviewt. Er überzeugte mich, ins Todesrad zu steigen und darin ein, zwei Runden zu drehen. Ich tat es, mit weichen Knien und feuchten Händen. Nock sprach über seinen Vater, der mit ihm auf die «harte Tour» geprobt habe und seinen Sohn, dem er dies nicht mehr zumuten wolle. Dann die Schlagzeilen diese Woche, die fassungslos machen. Vom Gerichtssaal muss Nock direkt ins Gefängnis. Zwei Dinge fallen auf. Einerseits dokumentiert der Fall die Schwierigkeiten der Justiz mit Fällen, bei denen es vor allem gegenseitige Anschuldigungen, aber kaum Beweise gibt. Es wird Recht gesprochen. Aber ist das Urteil gerecht? Zum anderen taucht die Frage auf, in welcher Detailtiefe über einen solchen Fall berichtet werden soll. Nock selbst hat hier einen Anhaltspunkt geliefert: Er hat seine Vermählung in aller Öffentlichkeit und besonders spektakulär zelebriert: auf dem Hochseil, sie in Weiss, er im dunklen Anzug. Dass das Publikum nicht wegschauen will, wenn der Absturz kommt, liegt auf der Hand.

22 Weltrekorde hält Freddy Nock. Das ist nichts angesichts der Herausforderung, die auf ihn zukommt. Irgendwann wieder Tritt fassen, nicht auf dem Hochseil, sondern im richtigen Leben. Nach dem Absturz ins Bodenlose ein Comeback zu schaffen. Wieder das zu spüren, wofür ein Künstler wie er lebt: den Applaus des Publikums. Es ist ihm zu wünschen.