Für einen linken Sitz mehr: Grünliberal statt Grün wählen?

Laut Umfrage der AZ zu den Nationalratswahlen hätten die Grünen (8,6) und die GLP (8,5 Prozent) die praktisch gleich hohen Wähleranteile, wenn die Wahl jetzt und nicht erst am 20. Oktober wäre. Das reicht beiden nicht für einen zusätzlichen Sitz.

Für einen Sitz braucht man knapp 6 Wählerprozente. Anders sieht es aus, wenn man die Listenverbindungen einrechnet: Die Grünen (derzeit ein Nationalratssitz) gehen mit der SP (derzeit zwei Nationalratssitze) zusammen.

 

Die SP kommt laut Umfrage auf 16,9 Prozent, zusammen mit den 8,6 Prozent der Grünen ergibt das 25,4 Prozent. Das reicht locker für einen dritten SP-Sitz. Doch woher käme dieser?

Sollte die Wählerschaft wie in der Umfrage entscheiden, ginge einer der heute drei FDP-Sitze (die FDP kommt auf 15,2 Prozent) an die SP. Die Grünen würden trotz deutlicher Wählerstimmengewinne bei einem Sitz verharren.

GLP hofft, der SVP einen Sitz wegschnappen zu können

Und die GLP? Sie hat eine Listenverbindung mit der CVP. Beide Parteien, die je einen Nationalratssitz halten, hoffen, zusammen einen dritten zu holen. Doch an wen ginge dieser? In der Umfrage steht die GLP mit 8,5 Prozent besser da als die CVP mit 7,8 Prozent.

Zusammengezählt kommen sie auf 16,3 Prozent, was knapp nicht für einen dritten Sitz reicht.
Sollte die GLP wenige Zehntelprozent mehr Stimmen holen als in der Umfrage, könnte sie den zusätzlichen Sitz schnappen.

Das ginge auf Kosten der SVP mit ihren sieben Sitzen und laut Umfrage 33,9 Prozent. Wenn das eintrifft (wobei die SVP mit EDU und Team 65+ eine Listenverbindung hat), würden total zwei Sitze von rechts ins Mitte-Links-Lager wechseln.

Deshalb sagt GLP-Wahlkampfleiter Philippe Kühni: «Wenn es uns gelingt, den Trend der Umfrage zu bestätigen, und wir noch ganz wenig zulegen, holen wir einen Sitz vom rechtsbürgerlichen Anti-Umwelt-Block in die Mitte. Das würde dem Aargau und der Schweiz guttun.»

Er sei sich sicher, «dass auch Umwelt- und Klima-Sympathisanten aus anderen Parteien diese Neuauflage der ‹Klima-Allianz› eine gute Sache finden, wenn dadurch ein Sitz von der SVP an die GLP geht.»

Damit ruft er indirekt auf, die Stimme statt den Grünen der GLP zu geben, weil die Grünen laut Umfrage keinen zweiten Sitz schaffen – wobei zu betonen ist, dass eine Umfrage eine Momentaufnahme und keine Wahlprognose ist.

Grüne: Der GLP-Schuss könnte auch nach hinten losgehen

Daniel Hölzle, Präsident der Grünen, lacht: «Wenn die GLP auf Kosten der SVP einen zweiten Sitz holen sollte, hätten wir damit überhaupt kein Problem. Weil GLP und CVP gemäss der Umfrage prozentmässig so nahe beisammen sind, kann es aber auch passieren, dass man der CVP einen Sitz schenkt, wenn man GLP wählt. Dann würde dieser Schuss gehörig nach hinten losgehen.»

Umfragen hätten eine recht grosse Unschärfe, gibt Hölzle weiter zu bedenken: «Den Stimmenzuwachs laut Umfrage müssen wir und die GLP erst noch holen, der ist noch nicht im Trockenen. Im Übrigen glaube ich nicht, dass dieser GLP-Aufruf uns schadet. Wer grün wählen will, wählt das Original, wo konsequent grün gehandelt wird. Das sind wir.»