«Funk» ist seit 82 Jahren Mitglied der Pfadi Zofige

Rudolf Hunziker v/o Funk

Rudolf Hunziker, v/o Funk, ist 1925 in Aarau geboren. 1937 trat er der Pfadi Zofige bei. Von 1946 bis 1953 war er deren Abteilungsleiter, von 1953 bis 1961 Kantonalfeldmeister und von 1961 bis 1969 Kantonalpräsident. Er wohnt seit 1954 unweit der Pfadihütte «Rosshimmel» in Zofingen.

Rudolf «Funk» Hunziker, wie kamen Sie 1937 zur Pfadi und wie verliefen die ersten Jahre?

Rudolf Hunziker: Also ich wäre nicht von mir aus in die Pfadi eingetreten, ein Cousin von mir hat mich mitgeschleppt, als ich in der 1. Klasse der Bezirksschule war. Anfangs war ich nicht sehr begeistert, die Abteilung machte ein bisschen den Eindruck eines «Laueri-Vereins». Zwei Jahre später wurde ich dann aber schon Fähnliführer und mein richtiges Pfadileben begann: Da ich zuvor den Betrieb kritisiert habe, musste ich es nun notgedrungen besser machen! Ich gab mir Mühe, anständige Übungen zu veranstalten, bei denen man etwas lernen konnte – scheinbar mit Erfolg: Bald waren wir das grösste Fähnlein der Abteilung.

Heute ist die Pfadi Zofige nicht mehr in Fähnli unterteilt. Können Sie uns kurz schildern, wie die Pfadi zu Ihrer Zeit strukturiert war?

Die Abteilung bestand aus Stämmen, die aus mehreren Fähnli geformt wurden. Es gab in jedem Quartal sowohl Stammes- als auch Fähnliübungen. Während meiner Abteilungsleiter-Zeit gründeten wir sogar in Brittnau noch einen Stamm und auch sonst kamen noch weitere Knaben aus der Umgebung zu uns, beispielsweise aus Oftringen. Rothrist und Aarburg hatten eigene Abteilungen.

In Ihre Pfadizeit fiel auch der 2. Weltkrieg (1939–45). Hatte dies Auswirkungen auf die Pfadiaktivitäten?

Ganz sicher, ja. Den Pfadibetrieb haben wir aber durchgezogen, vielleicht halt ein bisschen militärischer (lacht). Wir führten auch Lager durch – trotz Rationierung. Als Pfadi hatten wir ja keine Coupons, um Nahrungsmittel zu kaufen, wie das während dem Krieg üblich war. Da mussten wir uns halt organisieren: Jemand brachte ein Kilo Reis, jemand Brot, etc. Irgendwie klappte es immer.

Gab es zu Ihrer Zeit auch schon eine Mädchenpfadi?

Damals war das alles noch strikt getrennt – nicht nur in der Pfadi, sondern auch in der Bezirksschule zum Beispiel! Aber es gab schon eine «Pfadessen»-Abteilung. Die Abteilung war nie sehr gross, wahrscheinlich waren es 15 bis 20 Mädchen.

Sie waren von 1946 bis 1953 Abteilungsleiter der Pfadi Zofige. Wie würden Sie diese Zeit beschreiben?

Schwierigkeiten hatte ich zu dieser Zeit keine nennenswerten, ich fand auch immer genügend motivierte Leiter. Manchmal gab es aber Sticheleien von ehemaligen Pfadern, die sich einmischen wollten. Das habe ich nicht akzeptiert – wir wollten unseren eigenen Betrieb führen!

Während den 50er-Jahren wuchs die Abteilung enorm – 1958 hatte sie rund 140 Mitglieder. Wie erklären Sie sich das?

Ich denke, wir waren einfach gut organisiert. Als Abteilungsleiter war ich prinzipiell auch immer anwesend an jedem Samstagnachmittag. Die Leiter wussten, dass sie sich auf mich verlassen konnten, ohne dass ich ihnen zu viel dazwischenfunken würde. Das scheint den Teilnehmern gefallen zu haben. Und natürlich hat, wie gesagt, auch der Stamm in Brittnau noch viel zu den Teilnehmerzahlen beigetragen, teilweise gab es bis zu drei Fähnlein dort.

Gab es bei Euch auch schon Konkurrenz zur Pfadi durch andere Vereine oder Gruppen?

Sicherlich nicht so viel wie heute. Aber wir hatten auch schon eine Jungschar, wir liessen uns jedoch gegenseitig in Ruhe. Und dann gab es natürlich noch die Kadetten, die für Knaben dazumal obligatorisch waren. Ich fand es ehrlich gesagt aber den grössten «Seich» – am Freitag zwei Stunden auf dem Heitern stehen, ohne etwas Anständiges zu machen! (lacht). Gewisse Eltern sagten dann ihren Kindern, sie seien doch schon bei den Kadetten, sie müssen doch nicht auch noch in die Pfadi.

Unter Ihrer Leitung wurde 1949 die Hütte «Rosshimmel» gebaut, welche die Pfadi heute noch «bewohnt». Wie verliefen die Planungs- und Bauphasen?

Als ich die Abteilung übernahm, wusste ich: Jetzt muss etwas passieren. Eine Pfadi ohne Hütte, das ist – symbolisch – keine Abteilung mehr! Unsere alte Hütte, eine Militärbaracke vom Weltkrieg, stand total schief auf durchgefaulten Grundbalken. Ich streckte also die Fühler aus bei der Stadt. Erstes Echo war ein Brief der Bauverwaltung: Im Bärenmoosweiher – wo unsere alte Hütte von 1920 bis 1949 stand – könne nicht mehr gebaut werden, das sei nun Naturschutzgebiet. Ich antwortete der Stadt folgendes: Der Turnverein hat einen Turnplatz, der Gesangsverein darf die Aula benutzen – Ich erwarte und hoffe, dass wir einen Bauplatz zur Verfügung gestellt bekommen! Schliesslich hat die Pfadi schon viel für die Gemeinde gemacht und noch nie etwas dafür verlangt. Nach langem Hin und Her wurde uns dann der jetzige Platz offeriert. Darauf gründete ich bald mal ein Hüttenbaukomitee. Nun kam die Geldfrage: Wir hatten etwa 7000 Franken auf der Seite, das reichte jedoch nicht aus. Also fingen wir an, Geld zu sammeln, auch wenn das Geld in der Nachkriegszeit nicht sehr ring floss, brachten wir rund 20 000 Franken zusammen. Sogar der Stararchitekt Otto Senn war involviert und hat unseren Bauplan für gut befunden. Danach war auch die Stadt einverstanden und wir konnten mit dem Bau beginnen. Die Finanzen hatten wir so gut im Griff, dass wir am Ende sogar noch Tische und Hocker kaufen konnten.

Wie sahen damals die Samstagnachmittag-Aktivitäten aus?

Auf dem Programm stand hauptsächlich Pfaditechnik: Kartenlesen, Knotenkunde, Seilbrücken – als Rover überquerten wir ohne Sicherung die Gräben bei der Chutzehöhli! Daneben bereiteten wir uns auch immer auf die Lager vor, übten beispielsweise Kochen in einer Lagerküche. Es gab auch Nachtübungen, aber das waren hauptsächlich Märsche.

Wie sah ein normales Sommerlager aus?

Sommerlager waren die Hauptsache, der Höhepunkt des Pfadi-Jahres. Es gab natürlich gute und weniger gelungene. Noch sehr gut in Erinnerung habe ich das Sommerlager 1951 am Bielersee. Schon am ersten Abend fing es an zu regnen: Nach zwei Stunden stand das Lager unter Wasser! Am nächsten Morgen fuhren wir mit Schiffchen auf den Lagerplatz …

Wie war der Stellenwert der Pfadi in der damaligen Gesellschaft?

Als ich klein war, hatte die Schulpflege noch das Gefühl, sie müsse sich einmischen: Nach acht Uhr dürften keine Kinder mehr auf der Strasse sein! Das richtete sich hauptsächlich gegen die Pfadi – ihre Nachtübungen und Roveraktivitäten. Wir waren sicher anerkannt in Zofingen. Bei den Paprika-Abenden füllten wir den Stadtsaal ohne Probleme! Wir machten uns oft auch nützlich, im Wald zum Beispiel: Wir bauten einmal das Brunngrabenstägeli.

Gibt es auch heute noch Kontakte zur Pfadi Zofige?

Ja natürlich, ein paar persönliche Kontakte und Freundschaften habe ich beibehalten – zum Teil existieren sie bis heute noch. An «BiPis» Geburtstag – dem 22. Februar – treffe ich mich alljährlich noch mit ein paar Altpfadern. (BiPi ist die Abkürzung für Baden-Powell, den Gründer der internationalen Pfadibewegung.)

Was wünschen Sie der Pfadi Zofige zu ihrem 100. Geburtstag?

Ein gutes Weiterbestehen, denn die Pfadi ist eine gute Sache, auch wenn es heute ganz anders ist, als zu meiner Zeit.