
Gallati ist bereit, «Turbo»-Kantonen mit Aargauer Impfdosen auszuhelfen

Sie wurden gelobt, galten als vorbildlich, aber jetzt stehen sie plötzlich schlecht da: Den «Impf-Königen» geht der Impfstoff aus. Kantone wie zum Beispiel Basel-Stadt, Zug oder Nidwalden, welche die Schweizer Impf-Statistik anführen, haben nicht mehr genug Impfdosen vorrätig, um bereits geimpfte Personen ein zweites Mal zu impfen. Sie sind auf die Hilfe anderer Kantone angewiesen, die vorsichtiger geplant haben.
Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati sagt:
«Wir haben die Hälfte der Impfstoffe für die Zweitimpfungen als Reserve zurückbehalten, weil wir Lieferverzögerungen erwartet haben.»
Der Kanton habe sich damit an die schriftliche Weisung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) gehalten.
Die Lieferverzögerungen sind inzwischen Tatsache. Der Impfstoffhersteller Pfizer/Biontech konnte weniger liefern als versprochen. Und auch der zweite Hersteller, Moderna, hat Lieferprobleme, wie der «Blick» berichtete.
Der Kanton Aargau hat bereits letzte Woche einem anderen Kanton mit einer geringen Menge Impfstoff kurzfristig ausgeholfen. Gallati ist bereit, dies weiterhin zu tun. Er sagt: «Verzögerungen bei den Zweitimpfungen würden die Impfkampagne schweizweit beeinträchtigen.»
Reserve für Zweitimpfung reduzieren
Für den Gesundheitsdirektor ist aber klar, dass die interkantonale Hilfe nicht zulasten der Aargauer Bevölkerung sein darf. «Wir würden unsere Reserve für die Zweitimpfung antasten und um wenige Prozente reduzieren», sagt er. Und weiter:
«Dadurch wird im Kanton Aargau keine einzige Person weniger oder weniger schnell geimpft.»
Anderen Kantonen Dosen für Erstimpfungen abzugeben, kommt für den Gesundheitsdirektor demnach nicht infrage.
Gallati verlangt eine faire Verteilung
Diese Haltung vertritt der Aargau auch gegenüber dem Bund. Man stehe «permanent in direktem Kontakt mit dem Bund», sagt Gallati. Er habe seine Anliegen mündlich und schriftlich formuliert.
Es gehe nun darum, die weitere Verteilung des Impfstoffes fair vorzunehmen, sagt er. Dazu gehört auch, dass der ausgeliehene Impfstoff bei der nächsten Lieferung wieder gutgeschrieben wird.
Der Kanton Aargau ist dagegen, schnelle Kantone mit mehr Impfstoff zu beliefern und langsame zu bestrafen.
Dicke Luft im Gremium der Gesundheitsdirektoren
Die Gesundheitsdirektorinnen und Gesundheitsdirektoren stehen über die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) in engem Austausch. Angesichts des schwelenden Konflikts zwischen «Turbo»- und «Trödel»-Kantonen dürfte es in den Sitzungen nicht nur harmonisch zu und hergehen. Warum sollte ein Kanton, der als «Trödler» hingestellt wird, nun plötzlich helfen, weil die Strategie der vielgelobten «Impf-Könige» doch zu risikoreich war?
Gallati äussert sich gegenüber der AZ diplomatisch zur Stimmung in der GDK:
«In den beiden letzten Wochen hat es gewisse Irritationen gegeben, aber wir peilen eine gemeinsame Lösung an.»