Gedanken zu Auffahrt: Unsere Vertretung in der Chefetage

Auf der Polizeistation herrscht Partystimmung. Endlich wurde der Mann geschnappt, der vorgibt ein Geheimagent zu sein. Er war gerade dabei in ein Haus einzubrechen, als er in flagranti erwischt wurde. Er wehrte sich zwar mit Händen und Füssen. Er quasselte irgendwas von «Mission von nationaler Bedeutung». Aber das hinderte die Polizisten nicht daran, ihn in Handschellen abzuführen. Er hatte sich noch das Recht ausbedungen einen Anruf zu machen, doch nun sitzt er resigniert in seiner Zelle.

Plötzlich klingelt das Telefon. Etwas ungehalten nimmt einer der Polizisten den Anruf entgegen. Einen Augenblick später wird er bleich: «Herr Ministerpräsident? … Ja, bitte entschuldigen Sie diesen Fehler … ja … sicher, Herr Ministerpräsident … natürlich … soll nicht wieder vorkommen … ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag, Herr Ministerpräsident …» Fünf Minuten später ist unser Geheimagent wieder auf freiem Fuss.

Das «Vitamin B»-Motiv ist ein gern verwendetes Element für Schlüsselmomente in Krimis und anderen Geschichten: Die richtigen Beziehungen können alles verändern. Es ist der Joker für den Ernstfall: Als letzter Ausweg wendet sich die Hauptfigur an die oberste Stelle, und das Problem ist gelöst.

Auffahrt gewährt den Menschen einen direkten Draht in die Chefetage des Universums. Dies dämmerte den Jüngern jedoch erst mit der Zeit. Im 1. Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament schaut eine Gruppe verdatterter Jesusnachfolger sprachlos in den Himmel, wo ihr geliebter Lehrer soeben in einer Wolke verschwunden ist. Die Freunde von Jesus waren bei seiner «Auffahrt in den Himmel» erst einmal völlig überfordert mit dem, was vor ihren Augen geschah. Doch bereits einige Tage später nahm der Apostel Petrus die Himmelfahrt Christi in seiner ersten grossen Predigt auf.

Petrus hatte verstanden, dass dieses unerklärliche Ereignis sozusagen zur steilen Karriere von Jesus Christus gehörte. Steil war die Karriere seines Lehrers in jedem Sinn. Zuerst war da der absolute Karrieresturz, der mit dem Tod von Jesus an einem römischen Kreuz endete: Der Starprediger Jesus, Freund der Elenden und Schwachen, verendet selbst elend und schwach.

Aber damit war die Geschichte nicht zu Ende. Überraschenderweise hatte der Tod bei Jesus nicht das letzte Wort, sondern er wurde von den Toten auferweckt. Petrus und die anderen Freunde Jesu standen am Ostermorgen vor einem leeren Grab. Von da an war der lebendige Jesus im Verlauf von 40 Tagen immer wieder bei ihnen.

Am 40. Tag versammelte Jesus seine Jünger auf einem Hügel in der Nähe von Jerusalem und hielt eine Abschiedsrede. Dann «wurde er vor ihren Augen emporgehoben. Eine Wolke nahm ihn auf, und er verschwand.» (Apostelgeschichte 1,9)

Jesus flog aber nicht ins Weltall, sondern vollzog einen «Dimensionswechsel». Bereits im Alten Testament erschien Gott den Menschen in Wolken verhüllt. Die Wolke, die Jesus aufnahm, war die verhüllte Gegenwart Gottes. Seither ist Jesus Christus also in allernächster Nähe von Gott Vater. Diese «Auffahrt in den Himmel» war gewissermassen die Rückkehr von Jesus zur Chefetage des Universums.

Das Apostolische Glaubensbekenntnis knüpft an diese Gegebenheit an:«Aufgefahren in den Himmel,sitzt (Jesus) zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.»

In seinem Brief an die christliche Gemeinschaft in Rom schrieb der Apostel Paulus von den praktischen Auswirkungen der Himmelfahrt Christi. Er schrieb: Jesus Christus vertritt uns vor Gott, er ist bei Gott und steht für uns ein (vgl. Römerbrief 8,34).

Der Geheimagent unserer Anfangsszene konnte im Ernstfall auf seine Beziehung zum Ministerpräsident zählen. Menschen, die zu Jesus Christus gehören, haben mit ihm einen direkten Draht zur «höchsten Stelle» überhaupt. Christus befindet sich bei seinem Vater im Himmel! Gott im Himmel hat die Fäden unserer Weltgeschichte in seiner Hand.

Sehr oft ist uns sein Handeln unverständlich. Aber in der Verbindung mit Jesus Christus haben wir eine direkte Vertretung vor Gott. Diese Beziehung dürfen wir nicht nur in äussersten Notfällen anzapfen, sondern Jesus hat jeden Tag, rund um die Uhr ein offenes Ohr für unser Gebet und tritt unaufhörlich für uns ein. Er stellt sicher, dass am Ende des Tages in der Gesamtschau, alle Dinge den Menschen, die ihn lieben, zum Besten dienen.

«Auffahrt» mag ein kurioser Feiertag sein. Die Überzeugung, dass Jesus für seine Nachfolger vor Gott eintritt, ist jedoch wesentlich für die christliche Hoffnung.