Gedanken zu Ostern: Wer zuletzt lacht, lacht am besten

Es war an einem hohen Festtag im April, ein Sonntagmorgen in Basel im Jahr 1518, also vor 500 Jahren. Die Kirchen waren brechend voll, brüllendes Gelächter, die Leute klopften sich auf die Schenkel, vorne schrie der Priester «Kuckuck», in einer anderen Kirche schnatterte ein anderer Geistlicher wie eine Gans, wieder einer tat, als würde er ein Kalb gebären, einer unterhielt seine Gottesdienstgemeinde mit obszönen Gesten, als würde er sich selbst befriedigen, und andere gaben von der Kanzel heitere Märchen und Fabeln zum Besten. Noch monatelang erzählten sich die Leute von diesem Sonntagmorgen und werweissten, wie sich die Priester wohl nächstes Jahr überbieten werden. Überraschenderweise ist hier nicht die Rede von einem Fastnachtsgottesdienst, sondern von Ostern.

Diese Details überliefert uns die Kritik des Basler Reformators Johannes Oekolampad, der nicht mitlachen mochte. Er war erst seit drei Jahren in Basel, und schon bald beklagte man sich über ihn, dass es bei ihm am Ostermorgen zum alten Brauch des Ostergelächters nichts zu lachen gibt. Sogar sein Freund Wolfgang Capito forderte ihn dazu auf, sich diesem Brauch anzuschliessen, weil dieser die Kirchen fülle. Aber Oekolampad kritisierte den Brauch des Ostergelächters scharf in seiner Schrift «Über das Ostergelächter» im Jahr 1518. Seine Gegner rechtfertigten sich gegenüber dem garstigen Spielverderber, dass es doch im Osterpsalm heisse: «Dies ist der Tag, den der HERR macht, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.» (Psalm 118) Aber auch der Basler Humanist Erasmus von Rotterdam schloss sich später der Kritik von Oekolampad an: Diese Freude sei in diesem Psalm nicht gemeint. Es sei schamlos, dass man Witze und obszöne Geschichten in den Gottesdienst einstreue, nur weil das Volk am Ostermorgen wünscht, unterhalten und bespasst zu werden.

Was gibt es an Ostern zu lachen?
Schon die Basler konnten Oekolampad nicht erklären, wie alt der Brauch des Ostergelächters ist und wo er herkommt. Es gibt europaweit Belege dafür, gehalten hat sich der Brauch bis anfangs 20. Jahrhundert. Dann und wann werden auch heute noch kirchliche Veranstaltungen unter diesem Titel angeboten, die aber dann doch nicht an die mittelalterliche Derbheit anknüpfen können.

Was gibt es an Ostern zu lachen? Von den Evangelisten ist in der Bibel vom Ostermorgen kein Osterlachen überliefert. Nachdem der getötete Jesus nach der Kreuzigung in ein Felsengrab gelegt worden ist, wurde sein Grab mit einem Stein verschlossen und von Soldaten bewacht. Aber am Ostermorgen war das Grab leer, und der Stein war weg. Der Leichnam von Jesus war nicht mehr da. Zum Lachen war da niemandem zumute. Die Soldaten standen unter Schock, die Frauen, die Jesus zum Einbalsamieren suchten, waren entsetzt, weinten und fürchteten sich vor den Engeln. Erst als sie dann die frohe Engelsbotschaft überbrachten, kam zur Furcht eine grosse Freude hinzu. Aber von den Jüngern mochte ihnen kaum jemand glauben, es sei Geschwätz, sie wunderten sich oder waren peinlich berührt. Erst nachdem sie selbst dem Auferstandenen begegneten, begannen sie zu verstehen, was in den biblischen Schriften von Jesus geschrieben steht. Wann haben die Nachfolger von Jesus wohl zum ersten Mal so richtig befreit lachen können?

«Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?» In dieser stolzen Freiheit schrieb der Apostel Paulus seinen Brief an die Korinther. Aber Paulus konnte seinen Mund gegenüber dem Tod nur deshalb so voll nehmen, weil er an den Auferstandenen glaubte, weil das, was Jesus gesagt hat, ihm Rückendeckung gab. Aus sich selbst konnte er dem Tod nichts entgegensetzen. Der Tod nagte ja schon an ihm. Am Ende eines geliebten Menschen stehen wir immer an einem Grab. Angesichts von Krankheit und Tod bleibt einem das Lachen im Mund stecken, sodass Nietzsche schreiben konnte: «Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!»

Was macht Ostern froh?
Alle menschlichen Erfahrungen zeigen auf Vergänglichkeit und nicht auf ein ewiges Leben. Wen erstaunt es da noch, wenn man von Sorgen beschwert und unerlöst daherkommt? Dank der Zeugnisse der ersten Jesus-Gläubigen kann ich mich in diesen Tagen fragen: Was gibt mir Ostern zu lachen? Was macht Ostern froh? Die Augenzeugen von Jesus antworten mir: dass ein Grab auf dieser Erde leer ist, dass der Tod den Christus nicht festhalten konnte, dass ins Netz des Todes ein Loch gerissen wurde, dass der Auferstandene die Macht des Todes gebrochen hat, dass am Ende der Zeiten als letzter Feind der Tod vernichtet wird. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.