Gehört die Zukunft dem Elektrobus? Wir zeigen, wo Sie im Aargau im Einsatz sind

Brennstoffzellen: noch nicht serienmässig

Der vom Kanton unterstützte Pilotbetrieb mit Brennstoffzellenbussen der Postauto AG im Raum Brugg (im Bild) dauerte rund fünf Jahre. Die Fahrzeuge legten zusammen weit über 1 Million Kilometer zurück und bewiesen, dass der Einsatz von Wasserstoff im regionalen Personenverkehr möglich ist. Dies das Fazit der Post. Auch aus Kantonssicht zeigte der Versuch, dass auch Brennstoffzellenbusse gut im Linienbetrieb eingesetzt werden können. Im Moment seien aber solche Fahrzeuge mit Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie serienmässig nicht erhältlich.

Frequenzen für Doppelstöcker zu hoch

Könnten Doppelstöcker (im Bild ein Überlandbus in St. Gallen) Abhilfe schaffen? Oliver Frei winkt ab: «Das ist im Stadtverkehr keine Option.» Ihre Höhe wäre zwar nicht überall das Problem, doch: «In den ersten Stock zu klettern und wieder hinunter, brächte bei den sehr kurzen Distanzen zwischen den Haltestellen zu hohe Haltezeiten für den Fahrgastwechsel. Auch Postauto-Sprecherin Katharina Merkle sag, Doppelstöcker «haben keine Tradition im Aargau und sind nicht in Planung. In der Region eignen sich Gelenkbusse besser für hohe Fahrgastfrequenzen».

Gelenkbus ja, Doppelgelenkbus nein

Der Wechsel von Normal- zu Gelenkbussen führt zu Sprungkosten, sagt Oliver Frei. Die können erst nach einigen Jahren durch die Zusatzeinnahmen aufgrund der steigenden Nachfrage teilkompensiert werden. Gelenkbusse sind immer häufiger zum Einsatz. Doppelgelenkbusse wie etwa in Zürich (im Bild) oder St. Gallen kommen im Aargau jedoch nicht. Die würden auch nicht evaluiert, sagt Frei: «Dafür müssten die Haltestellen massiv ausgebaut bzw. verlängert werden.» Die Nachfrage dafür sei zu gering. Aufwand und Ertrag stünden deshalb nicht in Einklang.

Kein Test mit selbstfahrendem Bus

Auf grosses Interesse stossen Postauto-Versuche mit selbstfahrenden Bussen (Bild). Den Anfang machte vor rund drei Jahren ein selbstfahrendes Postauto in Sion. Inzwischen folgten weitere Versuche. Seit wenigen Tagen können sich in Bern Touristen und Anwohner zwischen Marzilibahn und Bärengraben von einem acht Personen fassenden, selbstfahrenden Bus der städtischen Verkehrsbetriebe in einem Versuchsbetrieb chauffieren lassen. Im Aargau besteht laut Postauto-Sprecherin Katharina Merkle allerdings aktuell kein solches Smart Shuttle-Projekt. (mku)

Gelenkbus (zVg)
Gelenkbus (zVg)
Auf grosses Interesse stossen Postauto-Versuche mit selbstfahrenden Bussen (zVg)
Auf grosses Interesse stossen Postauto-Versuche mit selbstfahrenden Bussen (zVg)
Der vom Kanton unterstützte Pilotbetrieb mit Brennstoffzellenbussen der Postauto AG im Raum Brugg (im Bild) dauerte rund fünf Jahre. (zVg)
Der vom Kanton unterstützte Pilotbetrieb mit Brennstoffzellenbussen der Postauto AG im Raum Brugg (im Bild) dauerte rund fünf Jahre. (zVg)

In den Kernstädten Aarau und Baden fahren die Busse auf allen Linien in den Hauptverkehrszeiten mindestens im 15-Minuten-Takt. In den Hauptkorridoren ergibt sich durch die Kombination von zwei Buslinien häufig auch ein 7,5-Minuten-Takt.

In den übrigen Kernstädten Brugg, Lenzburg, Wohlen, Rheinfelden und Zofingen gibt es nur auf wenigen Korridoren einen 15-Minuten-Takt. In diesen Grossräumen gelten aber meistens den ganzen Tag über 30-Minuten-Takte.

Praktisch im gesamten ländlichen Entwicklungsraum wird in den Hauptverkehrszeiten mindestens ein Stundentakt angeboten, auf vielen Linien fahren die Busse halbstündlich. Häufig prägt der Schulverkehr das Angebot. Wenn also eine Schule geschlossen wird oder neu dazukommt (zum Beispiel eine neue Mittelschule), kann das erhebliche Auswirkungen auf den Fahrplan haben.

Auf dem Land gibt es aus Spargründen auch Taktlücken

In den Nebenverkehrszeiten ist der Takt meist weniger dicht. In den ländlichen Entwicklungsräumen am Bözberg, im Zurzibiet und am Lindenberg bestehen in den Nebenverkehrszeiten Taktlücken und die Busse fahren weniger häufig als im Stundentakt.

Im Busverkehr habe man aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Kantons in den letzten Jahren Prioritäten setzen müssen, heisst es zum Thema Ausbau im Mehrjahresprogramm des Kantons. So seien die vorhandenen Mittel vor allem für zwingend nötige Angebote eingesetzt worden, die sich aufgrund von Taktänderungen bei den übergeordneten S-Bahnen ergaben. Ein grosser Teil der Bevölkerung sei jedoch mit einem guten öV-Angebot erschlossen. Lücken bestünden vor allem am Wochenende und am Abend, «wobei zu diesen Zeiten die Nachfrage einiges kleiner ist als unter der Woche und in den Hauptverkehrszeiten».

Nachtbusse: Die Nachfrage stagniert

An Wochenenden fahren die Busse weniger häufig als von Montag bis Freitag. Die Nachtangebote wurden in den letzten Jahren nicht mehr ausgebaut, da die Nachfrage mit dem bestehenden Nachtnetz bewältigt werden könne, sagt Oliver Frei, Projektleiter Angebotsplanung im Baudepartement von Stephan Attiger. Es sei festzustellen, dass die Nachfrage bei den Nachtbussen stagniert, da die Heimkehrenden am Samstag- und Sonntagmorgen vermehrt auch die ersten Kurse des Regelangebots nutzen.

An Workshops mit Kantonsvertretern forderten die Regionalplanungsverbände zusätzliche Busverbindungen, um die Gemeinden besser zu erschliessen und das Netz des öffentlichen Verkehrs zu vervollständigen. Einzelne Anliegen seien aufgenommen worden, heisst es dazu. Insbesondere erschallte der Ruf nach Ausbau des Randstunden- und Wochenendangebots in Kernstädten und urbanen Räumen (Taktlücken füllen, längere und dichtere Takte, keine Taktwechsel am Wochenende gegenüber Werktagen).

Auch diese Stossrichtung sei aufgenommen worden, heisst es dazu. Forderungen nach gezielten Taktverdichtungen auf einzelnen Linien wurden aber nicht ins Mehrjahresprogramm aufgenommen. Sie werden im ordentlichen Fahrplanverfahren behandelt.

Mehrere gewünschte neue Linien kommen nicht

Mehrere Bus-Anliegen wurden nicht ins Mehrjahresprogramm öV aufgenommen, da die zu erwartende Nachfrage und die Kostendeckung der zusätzlichen Angebote zu klein seien (zum Beispiel Kostendeckung unter 20 Prozent), Alternativverbindungen bestehen oder die Gemeinden diese Verbindungen vor allem wegen interner Schulbeziehungen verlangen (vgl. Box oben).

Batteriebetriebene Busse: Kosten hoch, Reichweite tief

Doch wie sieht der Bus der Zukunft im Aargau überhaupt aus? Kommen bald Doppel-Gelenkbusse, wie sie zum Beispiel in Zürich und St. Gallen bereits unterwegs sind? Oder Doppelstöcker, Trolleybusse oder selbstfahrende Busse (vgl. Text-Boxen ganz unten)?

Trolleybusse sind im Aargau jedenfalls keine Option. Das wäre nicht zukunftsträchtig, sagt Oliver Frei. Fahrleitungen seien teuer und würden das Ortsbild beeinträchtigen. Zudem brauche es sie bald ohnehin nicht mehr. Dann nämlich, wenn sich batteriebetriebene Busse, die schon verschiedentlich erprobt werden, bewähren.

Die Batterien würden noch weiterentwickelt. In den kommenden Jahren erwarten die Spezialisten des Kantons von diversen Herstellern Serienfahrzeuge. Die sollen dann viele Vorteile hinsichtlich Emissionen (Luftqualität, Lärm), Betriebskosten und Energieeffizienz bieten.

Frei gibt jedoch zu bedenken: «Die Beschaffungs- und Investitionskosten sind gegenüber den herkömmlichen Dieselbussen höher und die Reichweite ist für die ganztägige Betriebsdauer einer Linie noch zu kurz.» Daher müssen als Übergangslösung unterwegs die Batterien mit Ladestationen nachgeladen werden können. Im Aargau sieht Frei vor allem in den Kernstädten und urbanen Räumen Potenzial für Elektrobusse.

In der Regel werden die heutigen Dieselbusse für eine Einsatzdauer von 12 bis 14 Jahren beschafft. In den nächsten Jahren muss daher bei Ersatzbeschaffungen ein Grundsatzentscheid über die Antriebsart von Teilflotten bis über das Jahr 2030 hinaus gefällt werden. Der Kanton Aargau als Besteller der Leistungen des öffentlichen Verkehrs wird zusammen mit den Transportunternehmen «sinnvolle Einsatzgebiete für Elektrobusse und eine Priorisierung der Linien für den Umstieg festlegen», wie es im Bericht heisst.

Der Regierungsrat beziehungsweise der Grosse Rat wird dann über allfällige Investitionskosten für den Ausbau der Infrastruktur von Elektrobuslinien beschliessen. Beim Kanton erwartet man, dass sich die Fahrzeug-Investitionskosten in den nächsten Jahren denen der Dieselbusse annähern.

Batterie aufladen dauert jeweils vier Minuten

Bezüglich Bus-Elektromobilität tut sich etwas. Die Regionalen Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen (RVBW) planen auf der 5 km langen Linie 8 Wettingen–Neuenhof einen Pilotversuch mit einem batteriebetriebenen Bus (vgl. Hauptbild). Laut Alfred Arndt, Leiter Betrieb, will der Verwaltungsrat die Flotte (die Fahrzeuge werden im Normalfall alle 14 Jahre erneuert) sukzessive auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umstellen.

Vor wenigen Tagen haben die RVBW die Baubewilligung für eine Ladestation in Wettingen erhalten. Ziel ist, dass ab Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2019 ein Elektrobus zwischen Wettingen und Neuenhof hin- und herpendelt. Seine Batterie soll reichen, damit er die zweimal fünf Kilometer (hin und zurück) gut schafft. Dann kann er in Wettingen nach jeder Fahrt neu aufladen.

Ein Ladevorgang dauere vier Minuten, sagt Arndt. Auf alle Fälle werde ein konventioneller, dieselbetriebener Bus in Bereitschaft gehalten, falls der Pilotbus mal eine Störung haben sollte. Parallel dazu sind im Raum Baden-Wettingen wie andernorts auch bereits Hybridbusse unterwegs. 

Doppelstöcker (im Bild ein Überlandbus in St. Gallen) (zVg)
Doppelstöcker (im Bild ein Überlandbus in St. Gallen) (zVg)